Über den Tod von Falco wurde immer viel spekuliert. Manchmal ergeht es dann seinem Tod wie dem von Elvis. Er wird mythifiziert und einige Stimmen glauben, Falco ist gar nicht Tod, sondern er lebt auf irgendeiner einsamen Insel und lacht sich über uns kaputt. Vielleicht zusammen mit Elvis. Ich möchte zunächst sagen, dass ich nicht glaube, das Falco noch lebt. Aber über seinen Tod – es war eine Autounfall in der Dominikanischen Republik – gibt es Interessantes zu berichten. Bevor Falco in diesem Autounfall starb, saß er knapp 55 Minuten im Auto hörte Musik. Kollegen und Bekannte vermuteten, dass er sein letztes Album durchhörte, um die Stimmigkeit der Songanordnung zu überprüfen. Dies ist ein großes Indiz dafür, dass Musikern die Anordnung und die Stimmigkeit ihrer Songs untereinander auf einem Album sehr wichtig sind.
Durch mp3-Player, Downloadportale und somit individualisierten Playlisten (Mixtape) wird aber die Anordnung bzw. der Sinn der Position eines Songs innerhalb eines Album zerstört. Sicherlich muss ein Song auch ohne Album funktionieren, dem Hörer eingängig sein und zu weiterem Hören anregen. Aber derzeit stellt das Album eigentlich immer noch das Standardausdrucksmittel sämtlicher Bands und Musikkünstler weltweit dar. Somit ist ein Song, vor allem bei Konzeptalben immer mit Album zu betrachten. Es ist also Schade, dass durch musik-on-demand-Angebote („lad dir nur noch die Tracks herunter, die dir wirklich gefallen und stell‘ deine eigene Playliste her“) die Werke der Musiker zerstört werden und Songs, die nicht zu Hitsingles produziert wurden, etwas untergehen.
Normale Album-Songs überleben diese Entwicklung vielleicht, ein Intro, ein Interlude oder ein Outro verliert bei so etwas komplett. Denn wer will schon ein 35-Sekunden-Intro auf einem durchgestylen Mixtape haben. Doch dabei ist dieser vermeintliche Füllstoff doch gerade, dass, was ein stimmiges Album von einer reinen Songanordnung unterscheidet.
Doch was ist ein Intro überhaupt und woher kommt es?
Der Begriff „Intro“ ist eine Kurzform vom lateinischen „introductio, onis“ und bedeutet soviel wie „Einführung“. Und damit ist der Zweck eines Intros sogleich erklärt. Es geht, wenn es sich um ein musikalisches Intro handelt, darum, den Hörer einzustimmen. Häufig sind Intros von CDs bzw. Alben meist keine eigenständigen Songs, sondern nur kurze Instrumentalstücke. Ich dachte zunächst daran, dass ein Intro mit einer Ouvertüre gleichzusetzen sein. Aber es ist eher selten anzutreffen, dass – wie bei Ouvertüren – musikalische Themen und Motive, die dann im Hauptwerk vorkommen, vorgestellt werden.
Doch bei den Eels findet sich ein mit dem „Theme From Blinking Lights“ ein Intro auf der ersten CD des Doppelalbum „Blinking Lights And Other Revelations„, dass die Stimmungen und Motivik des gesamten Albums aufgreift und verarbeitet.
Doch warum, nun Intro? Vielleicht ist ein Intro nur der Versuch sich und seine Musik in einen ansprechenden Rahmen zu kleiden. In früheren Zeiten als Musik ausschließlich im Radio oder im Konzertsaal gespielt wurde, gab es immer einen Introducer, der einleitende Worte zur Musik oder zur Band sagte, um das Publikum auf das Kommende vorzubereiten. Wunderbar kann an dies noch an Nirvanas „In Bloom“ Video erkennen. Und auch im Radio wurde, bevor die Musik gespielt wurde, die Band vorgestellt. Doch auf einem Album, dass ein Hörer allein im stillen Kämmerlein hört, gibt es keinen Introducer. Und so haben die Musiker vielleicht angefangen, ihren eigentlichen Titel kleine musikalische Werke beizulegen, um den Hörer auf das Level der Platte zu heben.
Dabei hat das Intro im Laufe der Zeit verschiedene Spielarten erhalten:
1. So gibt es klassische Ein-Song-Intros, wie bei
> The Smashing Pumpkins – Mellon Collie And The Infinite Sadnesse (vom gleichnamigen Album)
die im Prinzip eigenständige kleine musikalische Einheiten mit oder ohne Gesang darstellen. Zwischen diesen Intros und
dem nächsten Song befindet sich ein Pause.
2. Eine andere Art und dabei wesentlich häufiger anzutreffen ist das sogenannte „verwachsene Intro“. Hierbei ist das Intro mit dem nächsten Song verwachsen, sprich ohne Pause wird übergeleitet:
> Turbonegro – Intro: The Blizzard Of Flames (auf Scandinavian Leather)
> Sigur Ròs – Intro (jeweils auf Takk und Ágætis Byrjun)
> Panic! At The Disco – Introduction (auf A Fever You Can’t Sweat Out)
Eine weitere Technik ist das Opener-Intro. Hierbei besitzt der erste Song ein Intro. Es unterscheidet sich nur minimal von einen verwachsenen Intro. Aber doch ist der Intropart viel stärker mit dem ersten Song verwachsen. Wichtig ist, das Intro hier nicht als ein eigenständiges Musikstück zu bezeichnen, sondern nur als Teil des ersten Songs. Interessant für die Interpretation der Musik/des Albums ist die Frage, ob es im gleichen Maße Album wie auch ersten Song eröffnet. Oder warum hat der Künstler bzw. die Band genau diesen Song an den Anfang gestellt. Würde der Opener an ein anderen Stelle des Albums funktionieren? Beispiele:
> Boysetsfire – Walk Astray (The Misery Index. Notes From The Plague Years)
> Boysetsfire – After The Eulogy (vom gleichnamigen Album)
> Alkaline Trio – Time To Waste (Crimson)
> Alexisonfire – 44. Caliber Love Letter (vom Debütalbum Alexisonfire)
Auch gibt es eine Sonderklasse, die ich Frickel-Intros nenne. Denn dabei verschwinden vollkommen Musik- und Songstrukturen und es bleibt bei Tönen, wie etwa Radio-Geplärr, Ansätzen von Chorälen oder auch nur elektronischen Geräuschen:
> Dredg – Dcbtfoabaaposba (El Cielo)
> Thursday – A0001 (Full Collapse, hier mit stimmigen Outro „i1100“)
> Days In Grief – Prologue (Portrait Of Beauty)
Bezeichnend ist auch wie eröffnet wird. Neben der Möglichkeit den Song einfach ohne Gesang zu beginnen (The Cure Pictures Of You, aber immer im Zusammenhang mit dem Plainsong zu sehen), existieren die Möglichkeiten mit einen Acoustic-Part (Walk Astray) oder einen Männerchor (After The Eulogy) einzuleiten (Ich sag nur: „REIS! ähhh RISE!“). Besonders wichtig ist dann der Umschlag von Intro auf Albumtitel. Hierbei muss eine Band oder eine Musikkünstler gekonnt mit Dynamiken und Geschwindigkeiten arbeiten Sehr beliebt sind auch Klavier-Soli wie bei Time To Waste, dem Turbonegro-Intro oder auch der Mellon Collie. Generell lässt man sich aber auch immer was einfallen.
Leider muss ich an dieser Stelle anmerken, dass der Artikel ohne Hörbeispiele nicht wirklich funktioniert. Wenn es irgendwann man ein Bloglesung geben sollte, werde ich diesen Eintrag mit Songbeispielen belegen.
Mein derzeitiges Lieblingsintro ist der Beginn von 44. Caliber Love Letter:
Es beginnt mit herrlichen schlichten und verzerrten Gitarrengedudel mit eine irgendwie verlockend klingenden Melodie. Danach bricht von der Seite eine zweite verzerrte Gitarre, intoniert durch einen leichten Beckenschlag, ein, variiert mit eine neuen Melodie das bisher gehörte. Im Hintergrund taucht immer wieder leicht das Schlagzeug auf.
Nach einer Minute – und einen kleinem retardierenden Moment – enden diese Soundwände und es werden dunklere und intensiverer Töne durch eine staccatoartigeren Gitarrenschlag mit Bassbegleitung ausgeformt. Die Grundmelodie vom Anfang ist immer noch zu Hören. Langsam gewinnt der Song an Dynamik.
Ein weitere Gitarre krächzt weniger verzerrt eine höhere Melodie zum bisher gehörten. Die Musik ist jetzt schon voller und lauter. Nach ca. 25 Sekunden schlägt eine weitere Soundwelle auf und erhöht mit einer wieder leicht variierten Melodie das Tempo. Nun wird die Musik fast angehalten man denkt die Maschine stoppt, dabei ist das nur eine kurzer Ruckler. Das Schlagzeug beginnt anschließen mit voller Intensität, die Gitarren krächzen schmerzverzerrt im Hintergrund. Es kommt mehr Rhythmus in die Musik… nach 2-3 Sekunden bricht das Intro auf und der Song beginnt mit voller Kraft, Lautstärke und Gesang.
15.12.2006 at 17:44
Wow, da kennt sich aber einer aus. Finde ich klasse, wenn man sich über sowas so viele Gedanken macht!