Ich konnte nicht schlafen und habe Podcasts gehört.
Na klar, alle aktuellen, tagespolitischen Podcasts befassen sich auf die ein oder andere Art mit dem Entwicklungen im Bundestag. Steht die Brandmauer der demokratischen Parteien zur rechtsextremen Partei AfD noch? Wer ist jetzt eigentlich an allem Schuld? Da gerade Wahlkampf ist, wird die Frage der Schuld noch einmal offenherziger diskutiert und entspinnt sich an der Konfliktlinie, wer eigentlich noch bereit ist mit wem zu stimmen und wer diese Anträge, diese Gesetze und letztlich die Demokratie den Extremisten eigentlich zum Fraß vorwerfen möchte. Merz und die CDU oder der Rot-Rot-Grüne Rest?
Linker Spin
Die realitätsverweigernde Link-Woke-Bubble sagt natürlich – sehr verkürzt an dieser Stelle – , dass der machtgierige Merz sich verzockt hat. Er wollte eigentlich einen Wahlkampf mit dem Schwerpunkt Wirtschaftspolitik führen und die Migrationsdebatte außen vor lassen. Dann kam das Attentat in Aschaffenburg und er beging eine Kehrtwende. Mit seiner fast schon trumpeskem Tag-Eins-Rede und irgendwelchen Anträgen brachte er das Thema auf die Agenda und sich sowie die CDU im Bundestag unter Zugzwang. Der Rest ist bekannt: #Zustrombegrenzungsgesetz. War diese Kehrtwende verursacht durch persönliche Betroffenheit gemischt mit impulsiver Sturheit – komme, was wolle – handeln zu müssen oder aber ein wahltaktisches Kalkül. Insofern die Merz-CDU mit der Besetzung des Themas Migration und dem Vorgeben Zeigen von Handlungsfähigkeit Stimmen am rechten Rand für die CDU zurückholen kann und dabei gleichzeitig die Unfähigkeit der aktuellen Rumpfregierung verdeutlicht.
Viele Hintergründe, viel Küchenpsychologie der beteiligten Journalisten aber auch die ein oder andere interessante Information1der interessante Fakt ist, dass es in vier bzw. unterhalb der vier kleinen Türmen des Reichstagsgebäudes jeweils vier Besprechungssäle für die Fraktionen gibt. findet sich im Deutschlandfunk Politikpodcast vom 1. Februar. Die Folge heißt „Bundestag – Was treibt Merz?“.
Spin der CDU
Eine andere Erzählung ist die der CDU. Mustergültig in diesen Wortwechsel-Podcast von Deutschlandfunk Kultur: „Migrationsdebatte – Zwischen Mitte und Brandmauer – Was ist noch konservativ?“ von Johannes Winkler, der aktuell Vorsitzender der Jungen Union ist. Der Spin dieser Erzählung geht anders. Aschaffenburg hat die echten Sorgen der Menschen ans Licht gebracht: Unkontrollierte Migration mit allen möglichen Folgen – vor allem aber Folgen für das Sicherheitsgefühl der Menschen. Folglich muss die Politik reagieren, weil die Menschen Lösungen erwarten. Merz hat in den letzten Tagen also nur nüchtern Politik auf Sachebene betrieben und mit dem Zustrombegrenzungsgesetz Forderungen in den Raum gestellt, die die GroKo bereits beschlossen hatte. Der Widerstand von Grünen und vor allem von der SPD im Parlament war also nicht wirklich inhaltlich getrieben, sondern hier wurde ein Eklat aufgrund des Wahlkampfs heraufbeschworen. Grüne und SPD hätten deswegen niemals zugestimmt.
Ich gebe zu, ich bin ein wenig ratlos. Warum dieses Manöver ohne Not? Klar ist natürlich, dass diesem Thema einiges an Debatte vorausgegangen ist: das Scheitern des Themas in der Ampel, die Vermengung von Asyl sowie Migration (Paywall), eine Krise der Verwaltung beim Umgang mit der Migration sowie eine fehlgesteuerte Integrationspolitik in unserem Land. Noch klarer ist auch, dass alle liberalen Kräfte davon abgestoßen sind und nun vielleicht viel weniger das konservative Angebot der CDU/CSU wählen werden. Und auch die Menschen, die sich die AfD bzw. Teile ihrer Standpunkte wünschen, werden nun stark darüber nachdenken CDU/CSU und FDP zu wählen. Es bleibt der fade Beigeschmack sowie die Lehre dieser Tage, dass wenn du möchtest, dass AfD-Positionen umgesetzt werden, letztlich kein Weg daran vorbeiführt, die AfD zu wählen. Denn die Union wird sich diesen Standpunkten ohnehin annähern oder zumindest nichts gegen diese Inhalte einzuwenden haben, sofern die AfD ihr zu Mehrheiten verhilft.
So oder so. Es ist ein Inhaltlose Debatte, die von beiden Seiten ohne wirklich Sachargumente geführt wird und nur auf Lautstärke setzt. Jedoch: Wenn man sich ansieht, wie Musk und Trump den amerikanischen Staat zerstören und in den Faschismus treiben, dann sind diese Umtriebe von Friedrich Merz letztlich eine Weichenstellung, um mit AfD und FDP in Deutschland ähnliches zu tun. Oder übersehe ich hier etwas?