Eigentlich nur kurz: Gestern erst gegen 8 aus dem Büro, um anschließend irgendwie auf der Couch zu verstetigen. Dabei dann zattoo geschaut und irgendwie auf RTL hängengeblieben. Es lief Peter Zwegat. Mit einem Special zur privaten Altersvorsorge. Ich kann nicht sagen, warum mein Impuls wegzuschalten ermattete. Schließlich wurde die Sendung mit dem Claim „Raus aus der Rentenfalle“ eingeläutet und Herr Zwegat dann als Forrest Gump der Rentenpolitik inszeniert. Ein Robin Hood wäre mir lieber gewesen. Was kann man von RTL schon erwarten, denkt man sich nun. Auch die Katze schien nicht sonderlich interessiert. Erwartete sich schließlich genau wie ich eine Verkaufsveranstaltung, die uns beständig darauf hinweist, doch bitte den großen privaten Konzernen – seien es nun Versicherung oder Banken – vertrauensvoll unser Geld anzubieten, damit diese dann die Lösung für unsere Altersvorsorge in Angriff nehmen.

Die Sendung passt natürlich in den Tenor der steigenden Angst vor Altersarmut. Diese wird uns als Folge eines brutalen demographischen Wandels präsentiert wird, die quasi jeden der Unter- und Mittelschicht treffen kann. Kann man auch anders sehen. Die Politik registierte dieses Problem und hat darauf seit Jahre nur eine einzige Antwort. Den Versorgungsengpässen im Alter kann letztlich nur Einhalt geboten werden, wenn man frühzeitig – eigentlich schon von Geburt an – privat vorsorgt. Dumm jetzt, dass einige von uns schon eine Weile die Welt bevölkern. Diesen wird empfohlen vom Einkommen, das man eh‘ schon zu 80-90% verkonsumieren muss, noch etwas (empfohlen werden 10% des Einkommens) abzuzwacken und dieses Geld dann irgendwie vermögenbildenden Anlage, Versicherung, Tagesgeld, Festgeld, Anleihe zu rammen. Funktioniert gut, wenn man 1. besserverdienden ist und die Verkonsumierungsrate des Einkommens geringer ausfällt  und 2. wenn man Geld und Kompetenz hat etwas Maßgeschneidertes zu finden oder sich entsprechend beraten lassen kann. Was machen aber Niedriglöhne, Aufstocker etc pp.? Was machen die Inkompetenten? Was machen alle anderen als die Besserverdienenden?

Für alle anderen soll RTL und Peter Zwegat helfen. Aber ich glaube, man hatte sich das in der Redaktion der Sendung anders vorgestellt. Die Sendung, die anhand einer jungen 25jährigen Berufseinsteigerin mit vermutlich 1500 Euro fiktionalen Einkommen und moderaten Ausgaben sowie einer vierköpfigen Familie, bei der 3000 Euro Einkommen zahlreiche Tilgungsverpflichtungen gegenüberstehen, einmal ein paar Vorsorgestrategien durchdeklinierte, hat vermutlich selbst nicht erwartet zu so einem ernüchternden Urteil über die Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge zu kommen.

Es wurde zum einen deutlich, dass die Menschen mit diesem Thema überfordert sind. Es gibt zu viele Produkte, deren Funktionsweise, Risiken, und Begrenzungen von Laien nicht wirklich einzuschätzen sind. Auch die Hilfe, die sich in Form von Versicherungsagenten feil bot, lässt sich letztlich nicht als Hilfe verstehen, sondern als brutales Verkaufsgespräch, wobei einfach irgendwas abgeschlossen werden soll. Damit verbindet sich das Problem, dass die meisten Produkte grundsätzlich gar nicht für die Bedürfnisse und Erfordernisse eines modernen Berufs- und Gehaltsleben geschaffen sind.1

Deutlich wurde dies beim Punkt Flexibilität. Der nachvollziehbare Wunsch dann auch mal an das Geld heranzukommen oder die entsprechenden Zahlungen zu variieren oder auszusetzen, der letztlich den unsicheren Situationen auf dem Arbeitsmarkt mit all seinen unbefristeten Stellen usw. geschuldet ist, führt dazu, dass die Angebote beispielsweise der Versicherer nutzlos werden. Sie funktionieren nur, wenn man quasi über einen sehr langen Zeitraum, möglichst viel Geld einzahlt, ohne jemals vorzeitig oder zwischenzeitlich an das angehäufte Geld herankommen zu wollen. Sobald man das tut, wird es haarig und man fährt Verluste ein. Ist es systematisch nicht Irrsinn in der gegenwärtigen sozialen und wirtschaftlichen Realität Produkte zu entwickeln, die letztlich nur einen Vorteil für den Abschließenden bringen, wenn sie 30 oder 40 Jahre mit immer steigenden Beiträgen bezahlt werden und dieser dabei wirklich jede sinnvolle Option auf Flexibilität aufgeben muss? Gerade in einer Zeit, die nach Flexibilität giert… Es zeigt sich offenbar, dass bei der Zwangsprivatisierung der Altersvorsorge durch den Gesetzgeber nur zum Teil an die Bevölkerung gedacht wurde. Grundsätzlich, so hat es zumindest den Anschein, geht es um eine latente Kapitalumleitung an Versicherungen und Banken, um die Entwicklung eines neuen Marktes Privater Altervorsorgeprodukte, bei denen aber die Vorteile und Bedürfnisse der Bevölkerung auf der Strecke bleiben. Egal, wie man es dreht oder wendet: der einzelne verliert.

Will man schießlich Flexibilität, dann sollte man auf Sparpläne der Banken und Sparkassen zugreifen. Aber mal ganz ehrlich. Bei einem Zinssatz von 0,45 oder 1,25% wird ja schon in wenigen Jahren mehr Geld von der Inflation gefressen als Kapital gebildet werden kann. Naja und nach dotcom-Boom und Browsenpleiten sind Aktienfonds und dererlei Depots für private Kleinsparer offenbar auch keine solide und vor allem einigermaßen sicher Alternative.

Was diese Sendung offenbarte – vielleicht auch unbewusst – , war, dass es offenbar im ganzen System knirscht und eine private Altersvorsorge im additiv zur gesetzlichen Vorsorge nicht funktioniert. Zumindest nicht für die Menschen, die nicht genügend Einkommen generieren können und bei jedem heftigen Windstoß auf dem Arbeitsmarkt diesen zu spüren bekommen. Ein Trauerspiel.

Hier noch ein wenig Hintergrundinfos bei den nachdenkseiten.

 

  1. Die Kostenpunkte hinsichtlich Provisonen und weiterer Kosten, die oftmals frühzeitig fällig werden, und vor allem bei einer vorzeitigen Kündigung Verluste generieren, mal ganz außen vor gelassen. []