Im tiefsten finsteren Osten wohnte ich in einem noch finsteren Altbau. Es roch mein ganze Kindheit lang alles etwas modrig. Stets dachte ich, es wäre das Haus selbst. Aber nein. Später erfuhr ich, dass es die riesigen, metallenen und vom rost schon ganz rotgewordenen Mülltonnen waren, die immer vor meinem Fenster stand. Heute stehen vermutlich schlanke Plastiktonnen unter dem Fenster. Oder vielmehr wurden die Tonnen aus den Fensterbereichen entfernt. Jedenfalls, wie man sich denken kann, roch es. Vor allem in stickigen Sommern.
Das Haus selbst war von anderem Geruch. Es war kühl und steinern, so dass einem immer der Geruch von kaltem Staub in der Nase lag, der einmal die Woche durch einen Scheuerhader von den jeweiligen Mietsparteien mehr oder minder entfernt wurde. Aus den Keller stieg sanfter Kohlengeruch, der sich auf eigentümliche Weise mit dem kalten Staub verband. Vielleicht war auch dieser kalte Staub der Kohlenstaub selbst.
Ich empfand das Haus immer als sehr dunkel und düster. Dies lag zum einen daran, dass der Hausflur samt Treppenaufgang nur wenige Fenster besaß, die obendrein auch nur auf den Innenhof zeigten. Somit war die Lichtmenge offenbar einfach nicht ausreichend genug, um diese damals für mich hallenhohen Flure auszuleuchten. Erschwerend kam hinzu, dass die Etagen selbst, also der Ort, wo die Zugänge für die einzelnen Wohnungen lagen, überhaupt kein Fenster besaßen. Die DDR-Glühlampen kämpften mit spärlichem Schein dagegen an. Aber es ließ sich nicht ändern. Das Haus war Sommer wie Winter dunkel und kalt.