Ich spüre gerade wie man ausbrennt. Lange Zeit dachte ich immer, es wäre vergleichbar mit einen starken Feuer, das einmal entzündet, mit hochroten, gelblich schimmernden Flammen in den Nachthimmel der eigenen Seele ragt. Ich dachte, es war dann doch nett anzusehen; so wie es das schwarze Innenleben erleuchtet und man kurzzeitig im Rausch der Geschäftigkeit gepaart mit Stolz durch die Welt lodert. Doch eigentlich ist das Ausbrennen ein sehr verhaltener Vorgang. Vergleichbar einem Kaminfeuer, das aber nicht nur im Sims selbst brennt, sondern sich hundertfach in allen Bereichen des Lebens ausdehnt.
Dabei knirscht und fiept es leise. Es zermalt dein Inneres; immer weiter und weiter. Irgendwann ist da der Zeitpunkt, an dem das Hochgefühl langsam abebbt. Der Schmerz kommt. Zunächst wird dieser nur registriert. Er ist halt da und tut weh. Man hetzt aber weiter. Kein Stillstand und der Schmerz der Flammen wird zur Gewohnheit. Du schliesst die Augen und aus dem dahinschwappenden Flammen wird langsam ein Strudel. Er zerrt an dir. Blut gerinnt, dein Körper wird fest, hart und ist gespannt. Du fährst dir über die Arme und kannst die Härchen nicht mehr spüren. Du bist kaltes, hartes Wachs. Adern schiebst du wie dürre Zweige über deine Handrücken. Sie knirschen. Bald sind es nur noch Sterne, die du siehst, wenn du die Augen schliesst.
Doch dann wird es erst richtig schlimm. Die Flammen brannten die ganze Zeit, nicht groß, nicht intensiv, doch verkohlten sie dir jeden letzten Rest Vernunft und du verstehst wie stark der Körper von der Seele abhängig ist. Die Zahlen auf der Waage nehmen Größen an, die du seit 10 Jahren nicht mehr gesehen hast, der letzte Film, den du im Kino gesehen hast, ist schon seit Wochen auf DVD erschienen, die letzten vier Bücher liegen angefangen irgendwo in deinem Zeitchaos… du kannst dich an den Inhalt der ersten 10 Seiten sowieso nicht mehr erinnern. Jede Stunde Schlaf ist eigentlich nur ein Luftholen zwischen dem Wachzwang. Jedes Gespräch wird umhüllt von Hast. Du fragst häufiger nachdem, was eigentlich besprochen werden sollte.
Wenn du ausbrennst, lässt sich das Leben dazu Zeit. Es ist nicht der Lucky Strike, der dich mit einem Schlag vernichtet – große Zerstörung verträgst du, ziehst dich zurück in den Bunker – aber wenn das Feuer einmal dein Herz erreicht hat und schrittweise alles in dir verkohlt, dann ist dies der wahre Rundumschlag, der Leben auslöschen kann.
29.12.2008 at 11:37
Da hast du dich ja recht treffend beschrieben, zumindest das mit dem Aufflammen kann ich mir gut bei dir vorstellen. Das alles ließe sich doch ändern, wenn du sehen würdest, dass die Flamme nicht nur die Dunkelheit beleuchtet. Wo sie flackert oder gar auflodert, wird nicht alles ringsum verbrannt, sondern die Farben werden deutlicher. Dieses Auflodern ist eine großartige Fähigkeit, die Kraft, das Leben in vollen Zügen zu genießen. Dass die Flamme danach wieder zurück sinkt und dich aus deiner Sicht wochenlang innerlich verkohlt, glaube ich nicht. Sie wird vielmehr zu einer Flamme wie in einem Boiler, die die ganze Zeit brennt und darauf wartet neu aufzuflammen. Hier würde ich übrigens meine alte Idee anbringen: Die größte Gefahr ist es, anderen Menschen nur das Aufflammen zu zeigen, auf dass sie geblendet seien von diesem gleißenden Leben und nicht sehen, was für schwarze oder andersfarbige Hintergründe es dort außerdem auch noch gibt. Wenn du das ruhige, wartende Brennen mit all dem Schwarz, was da sein soll, und all den Farben, wie ich behaupte, niemandem zeigst, wird es dich und die Menschen um dich herum vielleicht wirklich aufressen, weil du alleine auch gar nicht wissen kannst, was das für eine Flamme ist. Du bist nur zum zerstörenden, aufzehrenden Potential gekommen. Vielleicht ist es auch eine Kerze, die du vor dir herträgst in dem dunklen Haus deiner Seele, eine Kerze die dir gerade deinen Weg leuchtet – auch und besonders weil es gerade Nacht ist. Das Haus ist also nicht per se dunkel, sondern es ist gerade Nacht, es soll solche Phasen geben, und es wird auch wieder Tag werden.