Rituale sind gut. Sicherlich wird dann wieder gesagt, dass sich sowas einschleift und der Mensch in einen Trott gerät, aus dem er nicht mehr ausbrechen kann. Gut. Vielmehr habe ich Angst, dass all das in einer Zwangsstörung endet. So wie es der dicke Mann von Bowling For Columbine immer gesagt hat: „Es ist nicht normal, dass ich jetzt zum siebten Mal meine Emails abhole, dabei ist es doch gerade halb elf.“ Mein aktuelle Zwangsstörung ist ein zwangsgestörter Morgen. Er läuft immer gleich ab. Aufstehen, an den Frühstückstisch setzen und sich über das zwangsgestörte Fernsehen aufregen.
/Gedanken aus dem Off/
Nehmen wir mal an, ich möchte keine Castingshows, keine Talkshows, keine Gerichts-, Privatdeketiv oder Polizeishows, keine Heavy-Rotation-Musikvideos, keine Call-TV-Sendungen, keinen Verkaufsshows, keine Heimwerkershows, keine Emigranten, keine „WirzeigendasLebendesdurchschnittsdeutschen“-Sendungen, kein schlecht gemachten Wissens- und Dokusendungen und keine Boulevardsendungen sehen, dann schmilzt die Anzahl der zu nutzenden TV-Sender zu jeder Tageszeit von knapp 35 auf etwa 10, bei denen ich aber nicht unbedingt immer zur Zielgruppe gehöre. Übel. Hör‘ auf zu nörgeln.
/Gedanken aus dem Off/
Wenn das samt Frühstück beendet wurde, füllt man erneut die Kaffeetasse den Kaffeepott und schnappt sich nun den Laptop. Monitor hochklappen und im Netz andocken. Dann alles nach immer demselben Schema: Emails, auf das Blog, um zu sehen, wer da wieder kommentiert hat und dann ab in den Feedreader. Schon jetzt bin ich tief versunken in den Gedanken der anderen. Nachzuvollziehen, womit diese sich beschäftigen. Und es ist unglaublich wie viele Blogs bereist 7:45 Updates vorweisen können. Sicherlich gilt nicht, „that Blogs never sleep“, aber zahlreiche Blogger sind Frühaufsteher. Vermutlich jobgebunden. Abschließend nochmal die wichtigsten Foren und Newsgroups überprüfen.
Und das wiederholt sich jeden Tag, egal ob Woche oder Wochenende, Regen, Sonnenschein, krank, gesund… immer. Ist jetzt nicht viel schlimmer, dass man versucht jeden Tag dieses Muster zu durchbrechen. So täglich; quasi zwangsgestört.
13.08.2007 at 22:06
Früher hat man noch vor dem Frühstück den Briefkasten geleert und dann zum Frühstück einfach Zeitung gelesen. Ging man dann aus dem Haus hat man wieder einen Blick in den Briefkasten geworfen – vielleicht ist ja schon die Post da? War sie meistens nicht, aber nachgesehen hat man eben doch immer. Kam man dann nachmittags wieder nach Hause hat man auch wieder in den Briefkasten gesehen und die Post rausgeholt, wenn denn welche da war.
Man kann sich auch schön seine eigene Zwangstörung im Kopf zurechtbasteln. Self-fulfilling prophecy at its best.
13.08.2007 at 23:55
Eignet sich das Briefkastenleeren wirklich als Basis ein Zwangsneurose? Meine Eltern, also mein quasi-früher, haben nie die Post zum Frühstück geholt. Lag vermutlich daran, dass wir in einem Plattenbau wohnten, im letzten Stock, so dass die Aufnahme dieses langen und mühsamen Weges nicht gerechtfertigt wird. Außerdem kommt doch die Post meist eh viel später.
Ein Briefkasten eignet sich doch wohl eher für Phobien… *such*