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Verschiebung der Realität

Diät und Abnehmen ist im Prinzip nur eine Problemverlagerung. Der abnehmende Mensch kommt aus einer Essstörung (Fettsucht) und fällt in die nächste (Magersucht).

Aus meiner unendliche kurzen Jugend gibt es einen Song der Band Silverchair namens „Ana’s Song„. Früher dachte ich immer es gut um irgendeine Ana, die wieder Mist gebaut hat und das Leben des Sängers Daniel Johns (jetzt u.a. Sänger bei den Dissociavites ist) durcheinander gebracht hat.

Dem ist aber nicht so. Ana steht für Anorexia. Also dem griechischen Wort für Appetitlosigkeit, das heute in der Medizin für Magersucht steht. Ich war immer verwirrt, wenn ich den Text hörte. Er begann mit „Please die Ana“ … mhh. Damals nahm ich es so hin. Heute weiß ich, dass es um die Magersucht von Daniel Johns ging. Er betrachet diese als einen Teil seiner Persönlichkeit und merkt, wie diese ihn zerstört. Darum bittet er in der ersten Zeile des Songs (das ursprünglich ein Gedicht war) um deren Tod.

Auch in einer weiteren Songzeile: „You make the sound of laughter and sharpened nails seem softer“ wird ersichtlich, was diese Anorexie für ihn bedeutete. Sie ist die, die ihn ablenkt von den Problemen in seinem Leben. Und deswegen braucht er sie auch… auf eine gewisse Weise („And I need you now somehow“). Trotzdemverspürt Johns den Wunsch sich selbst zu zerstören, bzw. der Teil in ihm, der für diese Essstörung steht: „And you’re my obsession, I love you to the bones“

Eine Wikipedia-Interpretation dieses Songs vermutet in dem Gleichklang der Wörter „And Ana wrecks your life, like an anorexia life“ die personifizierte Magersucht.


Doch wie kam ich eigentlich drauf. Ja… Abnehmen ist nicht gut für den Geist. Hier die fünf wichtigsten Anzeichen, die bei einer vermutlich magersüchtigen Person auftreten:

  • Niedriges Körpergewicht, weniger als 85% des zu erwartenden Gewichts
  • Große Angst vor Gewichtszunahme
  • Strikte Kontrolle der Nahrungsaufnahme
  • Übertriebener Einfluss des Gewichts auf die Selbstwertung
  • Krankheitsverleugnung
    Tja, betrachte ich nun mein Leben und meine Gedanken seit der Diät, dann kann ich vier von diesen fünf Kriterien auch wahrnehmen. Ich werde jetzt kein Plädoyer darüber verfassen, dass ich nicht magersüchtig bin. Ich weiß es nämlich nicht wirklich.

    Ehrlich gesagt, kann ich es mir aber auch nicht vorstellen. Das Pummelchen, das immer gern gegessen hat und immer zu den „gut gebauten“ gezählt hat, soll so plötzlich nicht mehr essen und diese Appetitlosigkeit soll schon eine Krankheit sein. Mhh.

    Ich sage es so: Man muss aufpassen. Ich habe immer noch oft Hunger, gleichzeitig aber auch festgelegt, dass ich nur esse, wenn es etwas gesundes zu greifen gibt, ich regelmäßige Mahlzeiten einhalte und etwas Sport treibe… (okay, das mit dem Sport ist noch nichts geworden)

    Ich kann jetzt ganz gut verstehen, was magersüchtig denken, wie ihre Motive lauten und warum es so schwer ist aufzuhören. Man spürt eine gewisse Macht über seinen Körper, man kann etwas bewegen, ihm etwas aufzwingen und vorallem kann man es denen zeigen, die sich ihre Sprüche nicht verkneifen konnten.

    Eines ist mir jedoch nicht möglich, ich verstehe nicht, warum Menschen, die ihren durch Magersucht bis auf die Knochen abgehungerten Körper als immer noch zu dick empfinden. Diese Verschiebung des Blickes auf den eigenen Körper, dieser Verlust einer realistischen Erkenntniskraft ist mir komplett unklar. Mich persönlich stören noch ein paar Fettpolster und unschöne Stellen, prinzipell bin ich aber zufrieden. Mein Ziel ist jetzt einen gesunden (25 oder 26) BMI zu erreichen, das Gewicht zu stabilisieren und dem Jojo-Effekt zu entgehen (der hat nix mit dem Beetlebum-Jojo zu tun).

    Drücken wir die Daumen.

3 Kommentare

  1. Entschuldige, wenn ich hier einfach so reinplatze, aber ich möchte dir auf deine… vielleicht etwas dahergeschriebene Frage Antwort geben.
    Weißt du, es liegt an der Körperschemastörung. Man erkennt nicht, wie dünn man eigentlich ist. Selbst junge Menschen, die mit einem dermaßen kritischen Körpergewicht im Krankenhaus landen und künstlich ernährt werden, sehen nicht, dass sie aussehen, wie ein aus dem KZ Befreiter. Untot, eben.
    Daraus resultiert die Verleugnung der Krankheit. Wenn man in den Spiegel sieht, die eingefallenen Augen, die heraussetehenden Knochen, dann mag man erkennen, dass man nicht mehr normal auf Diät ist, aber diese verzweifelten Menschen sehen das nicht. Sie sehen Fett, Speck und jeder Bissen, und sei es ein Apfel, wird -augenscheinlich- auf den Hüften abgesetzt und verbleibt da bis zum Tode oder bis zum Erfolg der Therapie.
    Anorexie, ANA, ist mehr als eine ausser Kontrolle geratene Diät.

  2. Danke für deinen Kommentar. Bei Weitem möchte ich Anorexie nicht „als eine außer Kontrolle geratende Diät“ bezeichnen. Ich meine aber das die Theorie der Körperschemastörung, die ja derzeit nichts weiter ist als ein psychologische Erklärung dieser Phänomene, bei weitem nicht die Tragweite des Problemes erklären kann. Es bleibt weiter schwer bis unerklärlich, warum diese Patienten plötzlich auf ihrem hageren Körper nur die nicht vorhandenen Fettpolster sehen. Ich hoffe du verstehst, was ich meine. Ich will hier natürlich nicht meine doch augenscheinliches Unwissen präsentieren, aber doch statuieren, dass es eine Mehr dahinter geben muss. Es muss eine tiefer psychologisch begründete Ursache der Störung geben….

  3. Hi,
    ich habe eine Website über Essstörungen, mit allen Infos darüber, und eine Forengemeinschaft die Mädchen aus dem Schönheitswahn durch flasche Medienvorbilder raushelfen soll:
    http://www.love-u-feel-free.de

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