Die Kernberge sind eingestürzt. Es ging ein Ruck durch Jena, der Stadt in der unser Held wohnt, aber nicht lebt. Sie haben mit tonnenschweren Geröll die Stadt zugeschüttet. Mitten im Sommer. Nichts deutete darauf hin. Die Menschen der Stadt saßen in leichten Outfits in den Straßen; aßen Eis, telefonierten oder versteckten einfach ihre müden Augen hinter riesigen Sonnenbrillen. Manch einer überlegte wie lange er schon nicht mehr geschlafen hatte, die nächste dachte darüber nach, wo sie die Ration Schlafmittel herbekommen könnte, um doch wieder eine Nacht friedvoll und sorgenfrei – regelrecht geordnet – schlafen zu können.

Blind stürzten sie an diesem Tag durch die Gassen und Straßen, versessen gesehen zu werden. Niemand achte darauf wie sich am Rande der Stadt das Unheil zusammenbraute. Unser Held war auf der Suche nach der Liebe. Hatte sie aber bereits verloren, bevor er sie finden konnte. Und nun brodelte es ihn ihm. Mit bissig verkniffenen Gesicht lief er zunächst durch die Straßen nur um einen kleinen Ausgang – gleichsam einen Aufstieg – aus dem widerlichen Dunst der Oberflächlichkeit dieser Stadt zu finden. Nahe einer abseits liegenden Straßen, gab es einen kleinen Aufgang, der unseren Held durch die trockenen Einöde einer Kraterlandschaft führte, die die Menschen dieser Stadt durch ihren unbedingten Regelgehorsam hinterlassen hatten, und ihn auf das Plateau der Kernberge brachte.
Mit schwitzig verkniffenen Gesicht lief er den Weg stufengleich nach oben. Atemlos, trotz Hitze, hielt er nicht an, ehe er den Dunstkreis dieser Stadt verlassen hatte. Oben angekommen, rauchte er eine letzte Zigarette, denn auch das war in dieser Stadt nicht mehr erlaubt. Jeder, der sich mit Tabak befülltes Papier in den Mund schob und dies mit Feuer in ein zeitlich stark begrenztes Opium verwandelte, wurde der Stadt verwiesen. Es beeinträchtige das Klima und erhöhe die Sterberate… sowas gehört sich nicht in einer oberflächlich saubere Welt. Ihre Seelen töteten sie trotzdem. Waren sie doch alle nur noch Monster zwischen sonnenbebrilltem Lächeln und tiefen, schimpfenden Menschenhass. Opfer einer atemlosen Zeit, die von atmenden Weser den Atemstillstand forderte.

In den letzten fünf Minuten hatte der Tabak Ruhe gestiftet und jeder Atemzug machte schläfriger. Unser Held hatte versagt, das hatte er sich gesagt, als er in den Spiegel sah. Anpassungsversuche schlugen fehl. Oft genug suchte er Sinn, fand aber nur Antworten in seltsamen Sprachen, die von Durchhalten sprachen und dass es sich lohne. Er hatte lange genug durchgehalten, so dass es sich jetzt lohnt all dem endlich ein festliches Ende zu setzen. Während er sich auszog, kniff noch einmal der trockene Boden an seinen Füßen. Er erinnerte sich an Spaziergänge im Sand, die er vermutlich in Begleitung beging, jetzt jedoch wusste er, dass er alleine gewesen war.
Sein Kleidung lag im Kreis verstreut um ihn. Er setzte an und schrie tiefe Töne aus seinen sterbenden Lungen, die wie er nie gefragt wurden, ob sie überhaupt diese Welt erleben wollten. Stampfte mit den Füßen wild auf dem Boden, schlug mit den Fäusten in die Luft, nur um den zu erwischen, der vielleicht dafür verantwortlich war. Zunächst passierte nichts, doch dann hub der Wind an und brauste pfeifend um die Ränder der Berge. Unser Held hatte nicht genug, stampfte und schrie und boxte weiter. Die Augen hatten Tränen an den Rändern, die, wie gefroren, einfach nicht die Wangen hinterunterliefen. Unser Held schrie Kauderwelsch, schrie und schrie, die Erde zitterte, dann bebte, dann krachte sie. Unser Held hat keine Angst mehr. Alle in ihm befindlichen Atome treten in einer Kettenreaktion in eine Kernspaltung und zerreißen ihn. Alle Gewalt der Welt stürzt auf die Fetzen ein Ein gleißendes Licht flackert auf, Donner grollt und die Berge rutschten in sich zusammen und begraben die Stadt unter sich.