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Autor: urbandesire (Seite 2 von 206)

Multiroom

Raumfeld One S

Ich musste Mitte Dreißig werden, um das erste Mal in meinem Leben wirklich eine eigene Wohnung zu beziehen. Als persönliches Projekt hatte ich mir vor meinem Umzug in diesem Jahr vorgenommen, mein neues zu Hause, mein Home-Sweet-Home, nicht nur sweet, sondern auch ein wenig smarter zu machen. Hauptidee, wenngleich auch unnützer Luxus, war es, Musik unterbrechungsfrei in (fast) allen Räumen hören zu können. Die Vision: Schlaftrunken vom Bett in die Küche zum Kaffee und dann gleich wieder trokelnd ins Wohnzimmer, um sich es sich dort langsam niederlassend auf dem Sofa bequem zu machen –  dieser morgendliche Auftauprozess beispielsweise sollte von den morgendlichen Lieblingsaufwachsounds oder zumindest dem Radio umsäuselt werden.

Das Paradoxon der Wahlmöglichkeiten

Als ich Anfang des letzten vorletzten Jahres begann, mich mit dem Thema Multiroom und Streaming-Lautsprechern zu beschäftigen, war der Markt bereits voll von verschiedenen Anbietern und Lösungen, die alle ihre Attraktivität hatten, aber natürlich je nach Anbieter auch Vor- und Nachteile mit sich brachten.Vor allem das Bekanntwerden von Smart-Speakern, die letztlich nicht einzig dem Multiroom-Gedanken gewidmet sind, hat durchaus Vielfalt in den Markt gebracht. Es tummelten sich mit Hersteller wie Sonos, Raumfeld (heute Teufel), Denon mit der Heos-Produktreihe, Sony viele Hifi-Firmen im Markt, die Gesellschaft bekamen durch Google, Amazon, Apple und kleinere Anbieter wie Riva, Urbanears, Eton

Jeder Wettbewerber werkelte an seinem eigenen Lock-in-Effekt. Manche unterstützen auch Bluetooth oder unterstützten sogar Apples Airplay und boten sich entsprechend auch an, die Geräte zur Tonausgabe beim Sehen von Filmen und Serien zu nutzen (Denon, Sonos, Riva); einige bieten Akkupacks, damit der Streaming-Lautsprecher auch mobil genutzt werden kann (Denon, Riva); wieder andere hatten über die übliche Spotify-, Soundcloud-, Tidal-, etc.-Konnektivität hinausgehend auch Googles Chrome Cast an Bord (Raumfeld, Riva, Sony, Urbanears), wieder andere stammten noch aus eine Zeit, in der das Smartphone noch nicht der Dreh- und Angelpunkt der Welt war und boten sogar etwas Exotisches wie Desktop Apps (Sonos).

Dadurch sah ich mich mit einer komplexen Kaufentscheidung konfrontiert. Wäre ich vermutlich einige Jahre früher auf die Idee gekommen, mich mit dem Thema Multiroom und Streaming-Lautsprechern zu beschäftigten, dann wäre aus Ermangelung an Alternativen meine Wahl sicherlich auf Sonos gefallen. Denn Sonos hatte bereits um 2010 mit dem Sonos S5 sowie den re-gebrandeten Play:5 und später dann dem Play:3 und Play:1 das erschlossenste System auf dem Markt und sind heute mit dem Sonos One (dem imho optisch attraktivsten Streaming-Lautsprecher Smartspeaker) zurecht Marktführer unter den WLAN-Boxen (ja, nicht unter den Smartspeakern).

Aber gut, 2010 ist nicht 2018/19 und heute ist der Markt dann schon ein wenig komplexer. Und da man ja stets, vor allem wenn es darum geht, einen größeren Batzen Geld auszugeben, auf der Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau ist, die eine nachhaltige Lösung darstellt und wenig Folgekosten verursacht, fand ich den Kauf eines Multiroom-Systems schon herausfordernd. So ein simpler Streaming-Lautsprecher kostet in der einfachen Variante mindestens gut 200 Euro und bei 4-5 auszustattenden Räumen sowie einigen weiteren Kriterien kommt da letztlich schon einiges zusammen.

Diese Überlastung bei Kaufentscheidungen begegnete mir immer wieder – Möbelkauf, Matrazenkauf, Mixerkauf. Seltsam, unsere Konsumgesellschaft… Ich erinnerte mich an das von Barry Schwartz skizzierte Paradoxon der Wahlmöglichkeiten, bei der trotz großem Freiheitsversprechen durch umfangreiche Auswahlmöglichkeiten, die eigentliche Wahl verflucht schwierig wird und letztlich zu einer Lähmung führt, die unglücklich macht. Die im verlinkten TED-Vortrag von Schwartz angeführte Episode des Kaufs einer Jeans trifft den Kern des Problems ganz gut (ab Minute 12:14):

„Wollen Sie schlanke geschnittene, leicht anliegende oder weite? Wollen Sie Knöpfe oder Reißverschluss? Stein oder Säure gewaschen? Wollen Sie eine Jeans mit Löchern? Möchten Sie unten weit geschnitten, kegelig, blah blah blah …“

So unglücklich einen das machen kann und vermutlich Konsumverzicht bzw. Minimalismus vielleicht die sinnvollste Antwort darstellt, half es mir im konkreten Multiroom-Desaster durch einen klaren Kriterienkatalog der notwendigen Bedingungen für die Anschaffung Sinniges von Unsinnigem zu trennen. Ich rechnete hin und her, überlegte, was ich benötige. Blieb dann aber trotzdem leicht unsicher, wofür ich mich entscheiden sollte. Frei nach Schwartz: Menschen, die immer möglichst das Beste finden wollen, sind fast so unglücklich wie Depressive. Das Paradoxon der Wahlmöglichkeiten eben.

Der Kriterienkatalog

So ein Kriterienkatalog ist natürlich immer nur eine Momentaufnahme eines Nutzungsprofils und unterliegt der steten Wandlung. Ich kann für mich aber sagen, dass sich im letzten Jahr zumindest nicht viel verändert hat. Was also waren und sind die Anforderungen?

  • günstige Hardware: 4-5 Räume im Multiroom-Modus abdecken – und dies möglichst kostengünstig ohne brutalen Login-Effekt
  • Stereo-Receiver: Einbinden eines bereits vorhandenen Stereo-Receivers, um möglichst günstig einen Raum bereits abdecken zu können (möglichst kostengünstig)
  • Streamingdienste: als Hauptstreamingdienst nutze ich im wesentlichen Spotify sowie ab und an auch mal soundcloud. Also nix Exotisches. Perspektivisch wäre es aber auch schön den Anbieter wechseln zu können, ohne dabei sämtliche Hardware austauschen zu müssen
  • Radio hören, um vor allem deutschsprachige Sender (Deutschlandfunk/Nova) am Morgen zu lauschen
  • Podcasts sind ein ganz wesentlicher Teil meines täglichen Medienkonsums. Neben den Pendlerstrecken zur Arbeit höre ich Podcasts wahnsinnig gern als Hintergrundbeschallung beim (Haus)arbeiten in der Wohnung. Multiroomfunktionalität mit durchaus verschiedenen Apps (gegenwärtig vor allem PocketCasts) ist somit ein absolutes Muss.

Nice-to-have, aber nicht vordergründig entscheidend sind:

  • Laptop: Sound auch direkt vom Laptop an alle Boxen streamen
  • Mobilität: Lautsprecher auch mal mobil mit Akku für die Terrasse nutzen
  • Smart-Speaker: Perspektivisch wäre es schön auch einen Sprachassistenten (egal ob jetzt Alexa, Siri oder Tante Google) zur Steuerung nutzen zu können.

Bei einigen Kriterien machte ich mir wenig Sorgen. Spotify gehört zur Standardausrüstung jedes Lautsprechers und auch mit TuneIn ist das Radiohören ab Werk stets bereits dabei – egal ob Raumfeld, Sonos, Heos, Yamaha, Bose, Sony usw. Schwieriger wurde es dann schon mit der Podcast-App auf dem Smartphone. Letztlich schien dies die größte Hürde in der lustigen Multiroom-Welt. Airplay war lange nicht Multiroom-fähig – zumindest zum Zeitpunkt meiner zentralen Kaufentscheidungen (Ende 2017). Im Prinzip gab es da lange Zeit nur eine einzige Lösung: Google Chromecast. Sowohl der Client auf dem Telefon als auch der Lautsprecher müssen das Google-Protokoll unterstützen, damit es funktioniert. Später wurde zumindest Pocket Casts auch von Sonos direkt in ihrer unterstützt, aber Mitte/Ende 2017 sah es schlecht aus. Einzig Downcast und Pocket Casts unterstützten bereits Chromecast und somit Multiroom. Apps wie Castro und Overcast haben aus bestimmten Gründen bis heute keinen Support dafür.

Einbinden von Vorhandenem

Man ahnt es bereits. Aber es gibt noch einen weiteren eher finanziell gelagerten Grund, der mich zu einem System respektive Lautsprechern tendieren ließ, die Googles Chromecast unterstützen: das Einbinden eines vorhandenen Stereo-Receivers. Fast alle Hersteller bieten hierfür einen sogenannten Connector an. Nur sind diese Geräte wahnsinnig teuer: Sonos Connect 399€, Teufels Connector 199€ 129€, Heos AMP 300€… Google bot jedoch mit dem Chromecast Audio für knapp 30€ (Gerät leider eingestellt) ein wundervolles kleines Gerät, das es auf einfachste und günstigste Weise ermöglichte, meine Stereoanlage plus Boxen multiroomfähig zu machen.

Die Entscheidung Chromecast zum wesentlichen Merkmal aller Anschaffungen zu machen, war auch von der Idee getragen, einen Google Home Mini für knapp 30 Euro als Badezimmer-Lautsprecher zu nutzen. Gerade in diesem Raum schien mir exzellente Soundqualität nicht zwingend erforderlich. Aber noch etwas sprach für Chromecast. Es ist ein Protokoll, dass von mehreren (und ich hoffte von zukünftig noch mehr) Lautsprecherherstellern implementiert wird und ich somit insgesamt mehr Auswahl an unterschiedlichen Geräten diverser Preiskategorien haben würde. Denn Chromecast findet sich bei Sony, Riva, Teufel, Urbanears sowie diversen High-Fi-Herstellern, die den ein oder anderen Lautsprecher im Angebot haben.

Mit meinem erstmaligen Invest von ca. 250 Euro (Teufel One S, Chromecast sowie Google Home Mini) gelang es mir auf anhieb drei Räume abzudecken. Die Entscheidung für den Raumfeld One S fand ich einzige Zeit recht gelungen, nur um dann festzustellen, dass beim Nachfolger, dem Teufel One S, Chromecast herausgeschmissen wurde und stattdessen jetzt auf ein (Multiroom-!?)Bluetooth gesetzt wird. Auch die Tatsache, dass Google den Chromecast Audio mittlerweile eingestellt hat, lässt mich an der Nachhaltigkeit meiner Entscheidung langsam zweifeln. Zwar habe ich mit Google und den Android-Usern immer noch etwas Wucht für das Protokoll in der Hinterhand, aber Google ist letztlich dafür bekannt, Dingen schnell den Garaus zu machen, wenn sie nicht mehr zur Strategie passen. Auch kann man natürlich darüber streiten, ob ich nicht letztlich denselben Login-Effekt unterliege, nur nicht bei Sonos oder Denon, sondern eben bei Google. Trotzdem: der Preisvorteil und die momentan noch große Vielfalt an unterschiedlichen Geräten waren vorerst das entscheidendste Kriterium. Dies bedeutet auch, dass am Ende, wenn die Strategie nicht aufgeht, dann doch noch nicht so viel Geld verschleudert wurde.

Riva Arena – der Geheimtipp

Riva Arena (weiß)

Wer jetzt richtig gezählt hat, der kommt auf drei Räume. Und ja, später entschied ich mich noch für den Kauf eines Riva Arena, um dann auch den vierten Raum einzubinden. Dieses Gerät ist vermutlich auch auf dem absteigenden Ast. Der Preisverfall ist atemberaubend. OVP war lange Zeit 269€. Heute gibt es das Gerät für gut 130€ oder auch schon weniger. In Deutschland hatte als stationärer Handel die Firma Medimax das Gerät für eine Weile im Vertrieb. Es wurde aber mittlerweile aus dem Sortiment genommen, da es sich vermutlich gegen all die Sonos Ones oder Apple Homepods nicht durchsetzen konnte. (Tipp: Medimax-Filialen sind auf ebay recht aktiv und dort bekommt man zur arg reduzierten Preise noch die alten Restbestände verscherbelt). Schade eigentlich, denn das Gerät ist wirklich recht spektakulär. Nicht das allerschönste, aber ein wahres Ausstattungsmonster, denn man erhält für seine 130 Euro nicht nur Chromecast, Bluetooth samt Airplay 1, Klinkenanschluss, USB-Anschluss sowie Stereo-Paring, sondern vom Klang her stellt der Arena viele andere Boxen, wie z.B. auch meinen Teufel One S, ziemlich in den Schatten und ist für mich absolut auf dem Niveau des Branchenprimus Sonos Play:1 – ich mag es etwas basslastiger. Absoluter Killer ist jedoch, dass man für gut 60 Euro einen separaten Akku erhalten kann, der das Gerät zudem mobil macht. Wahrlich eine eierlegende Wollmilchsau. Bin gerade noch am überlegen, ob ich nicht noch einmal irgendwo zuschlagen sollte, denn amazon führt das Gerät gerade für 109€ (Stand: 20.05.2019).

Fazit

Nun gut… knapp 400 Euro später gibt es Multiroom in den entscheidenden Räumen. Musik funktioniert, Radio funktioniert, Podcasts funktionieren, die alte Stereoanlage ist mit dabei und im Schlafzimmer kann man sich den Kinoklassiker mit ordentlichem Riva Arena-Gewummer anhören. Ein wenig ist der Plan aufgegangen. Mit dem Standardvorgehen wären 4 Räume für unter 400 Euro nicht zu haben gewesen. Auch die Diversität ist im Prinzip gewährleistet. In jedem Raum arbeitet ein anderes Gerät (Bad: Google Home Mini, Küche: Raumfeld One S, Schlafzimmer: Riva Arena, Wohnzimmer: Stereoanlage mit dem Google Chrome Cast Audio) mit je eigener Charakteristik. Aber dank des Chromecast Protokolls arbeiten alle wirklich tadellos zusammen. Keine merklichen Verzögerungen, alle sprechen recht flott an und ich empfinde es bis auf einige Kleinigkeiten sehr problems. Auch die Geräte selbst sind recht stabil. Bis auf einen ausgetauschten Riva Arena, der einfach seinen Geist aufgab, ohne dass Service und Verkäufer einen Grund finden konnten, arbeiten nach ca. 1 1/2 Jahren alle Geräte weiterhin tadellos.

Trotzdem bleibt das ungute Gefühl der mangelnden Zukunftssicherheit. Wie bereits erwähnt, hat sich Teufel von Chromecast verabschiedet, Googles Chromecast Audio-Dongle wurde ersatzlos eingestellt, die Zukunft des Riva Arena bzw. von Riva allgemein ist auch ungewiss. Es bleibt einem letztlich nichts anderes übrig als zu hoffen, dass der ganze Kram ne Weile hält.

links for 2019-01-13

How Millennials Became The Burnout Generation

“I couldn’t figure out why small, straightforward tasks on my to-do list felt so impossible. The answer is both more complex and far simpler than I expected.” – das ist mit Sichererheit der beeindruckenste Artikel, den ich zum Thema Burnout jemals gelesen habe. So viele me-too-Momente. Anna Helen Petersen bringt die Burnout-Diagnostik für meine Generation. Vorsicht Long read (+30 min.)

E-Book-Reader vs. klassisches Buch – wer ist schmutziger?

Buch im Ebook-Reader vs. gedrucktes Buch – schon 2011 (!) hat das Freiburger Ökoinstitut den ökologischen Fußabdruck des klassischen Buchs mit dem eines Ebook-Readers verglichen. Mal ein paar Gedanken aus dem Ergebnisteil: Bei einem gedruckten Buch werden bei der Herstellung etwa 1,1kg Kohlendioxid freigesetzt (Buch auf recyceltem Papier ca. 900g). Ebook-Reader mit LCD-Display (z.B. iPad) stecken am Ende des Herstellungsprozesses etwa acht Kilogramm CO2 (ein Ebook-Reader mit eInk-Display ist noch ein wenig CO2-sparsamer). Die Studie kommt zum Schluss. dass bei einer Nutzung von ca. 10 Bücher pro Jahr haben die Geräte Vorteile beim Energieverbrauch und den Treibhausgasemissionen gegenüber dem gedruckten Buch haben.

Insektensterben: Der globale Insektenzusammenbruch – Spektrum der Wissenschaft

Sehr interessanter Artikel. Flankierende dazu ist auch der Artikel in der New York Times sehr lesenwert. Vorsicht: Long read: https://www.nytimes.com/2018/11/27/magazine/insect-apocalypse.html#click=https://t.co/AhRECFBWgU

Von Milliarden auf Null: Vor 100 Jahren starb die Wandertaube aus – Spektrum der Wissenschaft

Ausrottung: Ein einsamer Tod – diese Geschichte über das Aussterben der Wandertaube ist schrecklich aber zugleich faszinierend. Sehr zu empfehlen.

Why ‘Contact’ Is the Most Important Space Movie Ever Made

Ich finde und fand diesen Film mit Jodie Foster auch immer toll. Sogar so toll, dass ich damals unbedingt das Buch von Carl Sagan lesen wollte. Als ich es dann irgendwann zu Weihnachten bekam, war es ein langer Begleiter. Habe gerade noch einmal nachgesehen. Es steht immer noch im Regal. Leicht angewelkt. Wusste gar nicht, dass vor allem für viele Forscherinnen Contact so eine biographische Initalzündung war. Der Artikel lohnt sich.

How Trump Made War on Angela Merkel and Europe – Refind

Die Deutsche Bahn, verständlich erklärt – Christian Gesellmann, Krautreporter

Die Deutsche Bahn, verständlich erklärt – Punkt. Lesenwert.

Raus aus meinem Uterus. Der § 219a und seine Freunde. – Refind

“Man stelle sich mal ein staatliches Programm vor, das an die verpflichtende Konfliktberatung für ungewollt Schwangere ein Antragsrecht auf finanzielle Absicherung knüpfen würde. Ein Programm, dass diese Frauen mit 1500 Euro monatlich bei der Kinderaufzucht staatlich unterstützt, wenn sie das Kind nach einer Beratung dann tatsächlich bekommen. Freilich zusätzlich zum rentenrelevanten Erwerbseinkommen. Es wäre reflexartig von Sozialschmarotzerei die Rede und dass sich dann ja wohl jede Schwangere in den Beratungsstellen vorstellen würde. „Wieso soll ich für fremde Kinder zahlen? Was gehen mich die Blagen von der Schlampe an? Soll die halt die Beine zusammenhalten!“ schreien dieselben bigotten Moralisten, die sich aber vorher doch so sehr um die fremden Kinder in den fremden Uterussen gesorgt haben. So weit geht die eigene Verantwortung  für die Einmischung in die körperlichen Angelegenheiten fremder Frauen dann doch nicht.”

Posted from Diigo. The rest of my favorite links are here. All links shared via twitter can be found on refind.com.

SSL und DSGVO und WP

“Die Umstellung auf SSL ist mit der richtigen Anleitung und einem funktionierenden Backup auch für Unerfahrene ein gut zu schaffendes kleines Wochenendprojekt.”

Quelle: wpletter Mai 2018

Am 25. Mai 2018 muss man soweit sein. Die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfordert, wenn ich die juristischen Kommentare recht gut verstanden haben, dass auch jeder private Webseitenbetreiber bzw. Blogger ein sinnvolles Impressum sowie eine aussagekräftige Datenschutzerklärung führt. Des Weiteren, und davon kündet der Anfang dieses Beitrags, wird durch die DSGVO auch eine entsprechende Verschlüsselung (SSL) zur Pflicht – also der Schwenk von http zu https in der Adresszeile des Browsers (es sei denn man betreibt wirklich nur eine statische HTML-Seite, ohne große Interaktion mit den Besuchern).

Datenschutzerklärung, SSL, WordPress… woher nehmen? Für WordPress-Nutzer gibt es zwei recht gute Anleitungen, die Schritt für Schritt sowohl das Verschlüsselungsthema als auch die Datenschutzerklärung abarbeiten (ohne Garantie, dass alles funktioniert bzw. im Ernstfall eine Rechtsberatung ersetzt wird). Am Schluss gibt es bei mir noch einen Tipp bezüglich der WordPress-Plugins sowie der Verwendung von Fotos auf dem Blog und der Problematik mit dem Recht am eigenen Bild.

  1. Datenschutzgenerator
    Der Datenschutzgenerator bietet für Privatleute ausgehend von einem typischen Nutzungsprofil (WordPress, die üblichen Social Media-Kanäle sowie Standarddatenauswertung mit Serverlogs, Google-Analytics, matomo) eine entsprechende Datenschutzerklärung zusammenzustellen, die dann auf der eigenen Seite eingefügt werden kann. Mit zwei Podcastfolgen (#54 & #55) unter rechtsbelehrung.com gibt es viel wichtiges Hintergrundwissen, das es lohnt zu hören.
  2. SSL-Verschlüsselung
    Verschlüsselung für selbstgehostete wordpress-Blogs ist an sich auch machbar. Sonja hat hier eine umfangreiche und sehr übersichtliche Anleitung bereitgestellt. Mein Fazit: machbar. Die mixed-content-Probleme sind zwar ein wenig Fummelarbeit, aber auch bei der Umstellung von vier WordPress-Installationen klappt eigentlich alles ganz reibungslos. Weder gab es Inhaltsschwund noch wurde das Design zerlegt.
  3. WordPress-Plugins Man wird merken, dass einige WordPress-Plugins, die man im Einsatz hat, mixed-content Probleme verursachen, sodass man sie vermutlich vorerst abschalten wird bzw. nach Alternativen suchen muss. Jenseits der Verschlüsselungsproblematik können WordPress-Plugins aber auch datenschutzrechtliche Probleme machen, da leider nicht immer klar ist, ob sie DSGVO-konform sind. Insofern sie in zahlreichen Fällen personenbezogene Daten verarbeiten und man als Websitebetreiber verpflichtet ist, diese Datenverarbeitung oder -speicherung kenntlich zu machen, habe ich auf meinen Webseiten generell erst einmal alles ausgeknipst (Jetpack usw.), das mir nicht koscher vorkam. Viel kann man momentan an dieser Stelle nicht tun. Es gibt hier einen Beitrag, der etwas mehr als 100 Plugins auf DSGVO-Konformität abklopft (ohne Gewähr). Ansonsten sollte man noch einmal auf den 15. Mai warten, da will WordPress.org endlich handeln und mit „a comprehensive core policy, plugin guidelines, privacy tools and documentation“ reagieren. Vielleicht wird dann einiges transparenter, die Lage übersichtlicher und man kann mit entsprechenden Hinweisen in der Datenschutzerklärung, einige Plugins wieder anknipsen.
  4. Fotos
    Wenn man viele Fotos mit Personen auf seiner Website einsetzt, sollte man diesen Artikel kurz anlesen: Vorsicht, Kamera! – Fazit: Es ist ein Graus, aber auch nachvollziehbar. – Entsprechend vielleicht mal die Archive des Blogs/der Seite durchwühlen und nach problematischen Fällen fahnden, für die keine Einwilligung alles abgebildeten Personen vorliegt, und diese dann vom Netz nehmen.

Happy DSVGOen und Service-Post Ende.

Von Blumen im Internet (Nachtrag)

Das Thema lässt mich nicht los. Kurz nach dem Verfassen meines Artikels – einem Plädoyer das eigene Blog als freie, unabhängige Blume der sonst so von Konzernalgorithmen durchsetzten Social Media-Welt entgegenzusetzen – bin ich auf einen interessanten Beitrag von Alan Jacobs, einem Professor für Literatur am Baylor College (USA), gestoßen.

Sein Beitrag macht explizit, was ich implizit an meiner eigenen Blogautorenbiographie erarbeitet habe: wir dürfen die Errungenschaften des freien Publizierens und Lesens im Internet nicht einfach aufgrund von Bequemlichkeit und Reichweite, die von Social-Media-Konzerne generiert werden, aufgeben. Die großen Player in diesem Spiel haben Geschäftsmodelle1Allen voran Facebook, das vermutlich auch irgendwann gemerkt hat, dass es gar keine neutrale Social Media-Plattform ist, sondern vielmehr ein Werbevermarkter: The Facebook Brand mit Zielen und inhärenten Logiken, die ihren Nutzern Kompromisse (Datensparsamkeit, Algorithmen, …) und möglicherweise auch Gefahren (Datenschutz, Radikalisierung) aufbürden. In dieser Abwägung sollten wir als Nutzer des Internets oder als (noch-)Nutzer von Social Media-Webseiten mit Bedacht handeln und uns ein wenig Gedanken über die möglichen, zukünftigen Folgen unseres gegenwärtigen Handelns machen.

Alan Jacbos findet für diese Welt der Social-Media-Webseiten ein interessantes Bild, dass er sich von Tolkien borgt. Im Herr der Ringe gibt es die Stelle, in der der Zauberer Saruman mit Mordor kooperiert und Isengart in eine massive Industriestätte umwandelt, die nichts zurücklässt als verbrannte Erde, tiefe Gruben und nicht mehr bestellbares Land:

It is common to refer to universally popular social media sites like Facebook, Instagram, Snapchat, and Pinterest as “walled gardens.” But they are not gardens; they are walled industrial sites, within which users, for no financial compensation, produce data which the owners of the factories sift and then sell.

Den Gefahren und Kompromisse der „walled industrial sites“ a.k.a. Social Media-Webseiten möchte Jacobs mit der Fähigkeit begegnen, zu lernen außerhalb dieser eingezäunten Industriestätten, die letztlich zu nichts anderem werden als Industriebrachen für die freien Gedanken, zu leben. Das offene Internet nutzen, eigene Websites betreiben, freie Technologien einsetzen (er erwähnt dafür zahlreiche Fertigkeiten und Techniken, wobei das Programmieren explizit nicht dazugehört (gut!)) sieht er als entscheidende Komponente und bedeutende Fertigkeit des einzelnen, mündigen Bürgers. Er begründet dies u.a. mit einer Denkfigur eines deutschen Philosophen. Hans Jonas „Prinzip der Verantwortung“ ist vielen sicherlich eher bekannt aus umwelt- bzw. bioethischen Debatten. Die zentrale Leitmaxime…

Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.

… soll Orientierung dabei bieten, möchte man erkennen, was in einer technologisierten Welt als wünschenswert angesehen werden soll. Jacobs leitet daraus eine Art Verantwortung für uns Heutige ab. Ähnlich wie in den Debatten um Nachhaltigkeit kann  Jacobs dahingehend verstanden, dass wir uns Gedanken machen sollten, was wir hinterlassen. Entweder eine eingzäunte, algorithmisierte Welt der Social-Media-Industriebrachen, von denen wir abhängig sind und die uns, zumindest zum Teil, die Freiheit des Diskurses, der Offenheit und Interoperabilität rauben – oder aber ein nicht immer einfaches Leben (ja man verliert ja die Reichweite, die Lemminge zu erreichen) in der freien, wilden Welt des Internets.

We can live elsewhere and otherwise, and children should know that, and know it as early as possible. This is one of the ways in which we can exercise “the imperative of responsibility,” and to represent the future in the present.

Ein paar spannende Gedanken, die Jacobs da äußerst, gesättigt offenbar von seiner extremen Belesenheit:

Alan Jacobs: Tending the Digital Commons: A Small Ethics toward the Future. In: The Hedgehog Review 20(1), Spring 2018.

Das Blog. Eine freie Blume auf dem wilden Feld des Webs

Ist das Blog wieder da? Der kritische “Fall” von facebook, twitter und youtube in den letzten Wochen lassen Kottke.org und Dan Cohen da ein wenig Bewegung sehen. urbandesire.de präsentiert hier einen kleinen zusammenfassenden Artikel, der bewusstseinstromartig zu der Überlegung kommt, dass es schade ist, dass es die Blogosphäre nicht mehr gibt. War es doch der Ausdruck eines freien und offenen Internets, das nicht den Silos der Netzgiganten lag und von Algorithmen, technischen Restriktionen und Radikalisierungswahnsinn abhängig war. Besuchen Sie die gute alte Zeit.

Was war

Weiß  eigentlich noch jemand, was ein Pingback ist? Richtig. Veröffentliche ich einen Beitrag auf diesem Weblog und verlinke auf einen Artikel eines anderen Weblogs, der Ping- oder Trackbacks unterstützt, erhält dieser eine Benachrichtigung, dass von mir auf seinen Artikel Bezug genommen wurde.

Ähnlich wie in Zeiten von Smartphones und Spotify, das Wissen darum, was eine Musikkassette oder eine CD eigentlich ist, gänzlich verschwunden ist, ist vermutlich auch die Kenntnis, was ein Ping- oder Trackback sein könnte, vom Aussterben bedroht. Wenn es überhaupt eine breite Masse jemals wusste.

Dieses Wissen stammt aus einer Zeit Welt, in der Begriffe wie Blogosphäre, Internettagebuch, Blogroll, Klotüren des Internets bedeutungsvolle Konzepte waren. Sie suggerierten ein wenig den Hauch des Aufbruchs in ein neues Jahrtausend, indem es durch Technologie möglich geworden ist, selbst zum Sender, Redakteur oder Medium zu werden. Irgendwie urban abhängen und Blogs statt Kultur verfassen und damit im besten Fall die neue, alte Medien überdröhnende Stimme zu sein. All sowas halt.

Rückblickend betrachtet war die Relevanz der Blogosphäre dann doch recht beschränkt. Die Blogs, über die geredet wurde, waren nur von kleiner Anzahl.1Dieser Artikel in der FAZ aus dem Jahre 2010, fasst das sehr schön zusammen. Sozusagen die Quintessenz dessen, was hängen blieb von der deutschen Blogosphäre.

Tod des Blogs

Sechs Jahre später konnte man dann wirklich vom Tod des Blogs sprechen:

Heute gibt es diese Blogs zwar noch immer, sie sind jedoch bedeutungslos. Die Blogger von früher schreiben entweder direkt auf den Seiten der etablierten Verlage oder sie sind […] mit professionellem Webauftritt, mit hohen Besucherzahlen, Werbung, Sponsoren und fest angestellten Mitarbeitern nichts anderes als, sagen wir es ruhig: Verleger.2Michael Spehr (2016): Blogs am Ende

Einige Blogs haben sich noch gerettet, man findet sie noch einsam vor sich hin publizierend. Einige sind den Weg der Professionalisierung gegangen und zu einer Art Lifestyle-Magazin oder Linkschleuder geworden. Viele der Bloggerinner und Blogger sind als Autorinnen und Autoren bei etablierten Medien untergekommen und das, was die Blogs zu Beginn des Jahrtausends einmal waren, hat sich auf zentrale Plattformen und andere Publikationsformen verteilt: Influencer sind heute bei Instagram, Produkttester bei youtube; Debatten werden auf twitter geführt, Reichweite hat man bei facebook, wo man seine kuratierten Inhalte teilt und Podcasts haben ein unaufhaltsamem Aufstieg erlebt, der sie quasi zum Standard des gesellschaftlich-politischen Kommentars zur Einordnung der Weltlage hat werden lassen.

Pathologie des Untergangs – warum?

Als seit 2012 der (langsame) Tod des Blogs ausgerufen wurde und auch wirklich um sich griff, gab es immer zahlreiche Hypothesen, woran es denn nun liege:

  • Selbstüberschätzung der Blogosphäre, die nach anfänglichem Hype durch die ihr eigentliche fehlende Relevanz wieder in die Bedeutungslosigkeit eingeebnet wurde. Sozusagen den Platz erhalten hat, den sich verdient
  • die anstrengende und latente Beschäftigung mit sich selbst, die zu immer mehr Bloggercharts, -listen und gähnend langweiligen Diskussionen führten, wie die dabei angewandten Algorithmen zu interpretieren, auszuhebeln und zu beachten seien,
  • eine Kannibalisierung durch zentrale Social Media-Plattformen – allen voran facebook3„Seit Facebook nicht mehr demokratisch und chronologisch die letzten Posts anzeigt, sondern das, was der Algorithmus für relevant hält, werden Blogs immer weniger gelesen. Das ist ein Fakt, den ich aus Erfahrung bestätigen kann.“ von watp – oder zentralen Blogging-Dienster neuer Provinenz wie medium.com
  • der hinterlistige Zug von Google mit dem Abschalten des GoogleReaders in 2013 RSS-Feeds und damit auch den Blogs den Gar auszumachen, um die eigene Platform Google Plus zu pushen
  • mangelnde Monetarisierungsmöglichkeiten für alle diejenigen tollen Autorinnen und Autoren, die ihr Blog aus einem privaten Zeitvertreib in die unabhängige Professionalisierung treiben wollten,
  • Ermattung und Einsicht des privat bloggenden Hobbyautoren, dass ein Blog schon viel Zeit in Anspruch nimmt und man nicht immer zu jedem Thema eine dezidierte und publikationswürdige Meinung hat.
  • die Feststellung, dass das eigentlich keiner liest und vielen Bloggerinnen und Bloggern letztlich die Kundschaft fehlt. Menschen interessieren sich für Menschen. Aber nur ich, ich ich und Befindlichkeitsfixiertheit unterbrochen von belanglosen Beiträgen über den letzten samstägigen Spaziergang, weil das portraitierte Leben dann doch zu langweilig ist, scheint dann wohl doch zu viel für die meisten Leser zu sein und der Mensch klickt weg.

“It is psychological gravity, not technical inertia, however, that is the greater force against the open web. Human beings are social animals and centralized social media like Twitter and Facebook provide a powerful sense of ambient humanity—the feeling that “others are here”—that is often missing when one writes on one’s own site.”4Back to the Blog by Dan Cohen

Inneres Exil des Bloggers?

Warum ich persönlich stoppte zu bloggen bzw. begann wesentlich weniger auf diesem bald 14 Jahre altem Weblog zu publizieren, hat vielerlei Ursachen.

Die Zeit. Zunächst meine Neigung zur Langstrecke. Wenn ich über etwas schreibe, dann artet das immer aus, gerät viel zu lang und man kann die Pointe bzw. die Hauptthese zwischen all den Gedanken meist gar nicht mehr finden. Lange Texte benötigten zudem einfach mehr Zeit, die mir in der finalen Phase meines Studiums, während der Promotion und auch jetzt im Berufsleben einfach fehlen. Ich sitze manchmal sechs, sieben Stunden an einem Text. Mit Unterbrechungen allgemeiner Lustlosigkeit bleibt dann einfach vieles liegen und es wird sich anderen gewidmet.

Die Relevanz. Weiterhin hatte dieses Blog nie die richtige Reichweite. Die Kommentarspalten sind, bis vielleicht auf eine heiße Phase in der Mitte der 2000er,  wenig genutzt worden – will sagen, keiner liest das. Egal, wieviel ideologischen Firniß man jetzt an sich selbst hängt, wer in das Internet schreibt, will gelesen werden, will das man wahrgenommen wird. Die beste Währung sind dann vor allem Kommentare. Gab es nie. Somit beschleicht mich stets das Gefühl, dass niemand da draußen ist, den das nur ansatzweise interessiert.

Die Ablenkung. Die anderen Social Media-Kanäle lenken ab. Und durch ihre Allgegenwärtigkeit und schiere Menge, geriet man schnell nur zum passiven Konsumenten, der schnell etwas teilt, ohne sich selbst dazu zu positionieren. Wie leicht retweetet man heute einen Text, ohne nur im geringsten Maße Stellung dazu zu beziehen.

Der Autor. Auch kann ich sagen, dass ich mich nie damit abgefunden habe, hier öffentlich zu schreiben. Privates wird stets verklausuliert in kryptische Prosa  gepackt, die voller ahnungsvollem Raunen realistische Andeutungen sofort zurücknimmt und mit mäandernden Sätzen hantiert, die im nichts verlaufen. Ich bin einfach kein wirklich guter Autor, der knackige Texte mit eleganten Gedanken in das Internet schreibt. Ich bin wie so viele ander Bloggerinnen und Blogger gefangen in einer Mittelmäßigkeit, die vermutlich einige dann letztlich auch zur Einstellung ihrer privaten Publikation führten. Man muss zum Schreiben schon ein ganz bestimmte Beziehung haben, wenn man sich das ohne Arbeitgeberdruck oder Geld aus bloßen Mitteilungsbedürfnis antun will.

Back to the Blog

Trotzdessen habe ich es nie über das Herz gebracht, dieses Kleinod an über 1000 Artikeln, das in seiner Gesamtheit ein Blog bildet, einfach abzuschalten. Es hat mich durch zahllose Stationen meines Lebens begleitet, viele Beziehungen gesehen, wurde mit Nichtbeachtung gestraft als instagram, facebook oder twitter wichtiger waren, ist der Ort von hunderten Tippfehlern, die ich öffentlich zur Schau stelle, und doch blieb es bestehen. Am Anfang (vor 5-6 Jahren) dachte ich immer mit schlechtem Gewissen, ich müsste noch was bloggen. Speicherte dafür Links und Ideen, über die ich noch schreiben wollte. Aber mit der Zeit war auch dieser innere Druck vorbei und ich postete ab und an etwas, wenn mir danach war.

Um mich herum schlief die Blogosphäre ein oder auch mein Interesse an ihr. Aber wenn ich heute in die Blogroll der tbz blicke, da wo alles für mich begann, ist mit klingsor, rene von yetanotherblog, Jens und vielen anderen doch noch einiges los, insofern sporadisch oder gar regelmäßig gebloggt wird. Erstaunlich nach all der Zeit.

Doch der richtige Drive, wie es etwa momentan youtube oder auch die Podcastlandschaft (gut so) erfährt, ist raus.

Eigentlich ist es schade um das Blog und die Blogosphäre. War es doch nicht nur eine Kulturtechnik und diskursive Praktik, die eine spannende Gegenöffentlichkeit zu Politik und etabilierten Medien bildete und letztere sicherlich bereicherte, sondern auch eine Errungenschaft des Open Webs. Mit selbstgehosteter Blogging Software, RSS, Kommentarfunktion, Tracksbacks war man unabhängig. Frei vom Algorithmus der Betreiber und der anstrengenden Community, die Portale wie youtube und facebook mit sich bringen5ja… natürlich auch frei von der Reichweite, den diese einem bescheren können, ohne Sorge bei Einstellung des Dienstes entwurzelt zu sein (siehe Soundcloud oder memit). Doch die Infrastruktur ist verweist, die Community nur noch eine Quersumme anderer Netzwerke, nicht mehr richtig vernetzt ist, sich auch nur noch wenig lesend usw. … jeder bloggt für sich… einfach wie eine freie Blume auf dem wilden Feld des Webs. Nur eben allein. Allein mit der bloßen Ahnung, dass es da auch noch andere gibt.

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