Ich tüftel so schon eine ganze Weile daran herum. Nach dem großartigen „Blinkling lights and other relevations“-Doppelalbum aus dem Jahre 2005  hat sich „E“ dazu entschieden, eine Trilogie zu veröffentlichen. Doch während „Blinkling lights…“ einer fein justierten Dramaturgie folgt, die auch vermeintlich schwächere Songs trägt und die sich poetisch monothematisch um die zahlreichen familiären Tragödien innerhalb E’s Familie schlängelt, kann das innerhalb gut eines Jahres (Hombro Lobo, Juni 2009; End Times, Januar 2010; Tomorrow Morning, August 2010) veröffentlichte Trio, dem Doppelpack aus 2005 nicht das Wasser reichen. Warum?

Meine Vermutung warum geht in zwei Richtungen. Ich will E nicht schlechtes Songwriting unterstellen, ich will aber anmerken, dass er bei der Auswahl der Songs, die dann auf die Alben gekommen sind, ein wenig zu beliebig vorging. Denn die einzelnen Songs können nicht atmen. In „Blinking Lights…“ bereitet uns E auf das vor, was kommen wird; spielt mit Tönen, die er uns an verschiedenen Stellen stets in Erinnerung holt; entwickelt ein Theme, dass auf dem gesamten Album eine Rolle spielen darf. Die Tonalität und die Geschwindigkeit wirken trotz unterschiedlichster Songsstrukturen, Instrumentierungen und Einspeisungen wie aus einem Guss. Das gehört was zusammen, drängt sich da einem auf. Man hat Zeit durchzuatmen, zwischen dem Klavierspiel eines „If you see Natalie“  oder „God’s Silence“. Dieser musikalische Eindruck bestätigt sich auch im Poetischen. Es ist nicht, was man ja erwarten könnte bei dem bereits erwähnten Thema der Platte. Es ist eben nicht nur Trauer und Schmerz. Vielmehr mischt sich etwas dazwischen, das Zuversicht, Hoffnung und Kraft spenden will.

Der zweite Grund, warum die drei Alben sehr gut sind, aber nicht durch die Decke brechen können, ist der sich für den Hörer nur schwerlich ergebenden Zusammenhang zum restlichen Œuvre der Eels. Soviel zum vermeintlich Tiefsinnigen, das ich zu „Blinking lights and other revelation“ beizutragen habe.

Warum klappt das nun bei der Trilogie nicht so recht? Man muss recht weit zurückgehen, um sich zu erschließen, was da in der Trilogie passieren soll. Zunächst: Wer ist der Hombre Lobo, Protagonist der ersten Auskopplung? Er ist der Wolfsmensch der Straßen, als der erwachsen gewordene „Dog Faced Boy“ des „Souljacker“-Albums, dass genauso wie die hier vorliegende Trilogie nicht ein brutal autobiographisches Album ist – wie es „Blinking lights…“ vorführte –, sondern ein Spiel mit einer Rolle, auf die E sich selbst, wir aber auch uns projezieren können.

Den Dog faced Boy, aber auch den Hombre Lobo, kennzeichnen zwei wesentliche Aspekte. Optisch sind eine Metapher, die versuchen soll, dass innere der Figuren zu erschliessen. Zum einen die Einsamkeit, die durch ihre Fremdheit hervorgerufen wird. Beide sind eingebettet in eine soziale Wirklichkeit – Schule und/oder Berufsleben – aber können darin nicht einfach so wie die anderen existieren. Sie erscheinen als akzeptierte Außenseiter, die ihren eigenen Lauf des Lebens bestimmen, aber trotzdem die Einschränkung der Einsamkeit akzeptieren müssen. Dies zum einen. Zum anderen ist der wilde Erwachsen geworden und wird nun mit einem neuen Problem konfroniert, wie E schreibt: „a hirsute man enraptured by the beauty of his muse, and frustrated by his desires.“1 Die Motive werden entsprechend darum gruppiert: Wolfsgehäul immer wieder, das prizefighter-Motiv und ziemlich road-trippig Musik. Der Dog faced Boy war im Grunde immer ein Tiermensch, der hombre lobo bleibt es auch. Nur gewinnt er die reflektiven Fähigkeiten, die seine Situation intellektuell auffangen und es im Wunsch ein ordinary man zu sein gipfeln lassen:

And it’s misunderstood
What you’ve heard about me
I see why you would doubt me
But know this
No one has a right
Until they’ve fought my fight
To understand just where I’m coming from
And it’s that fight that brought me here today
Exactly as I am
No ordinary man

Mit diesem Wunsch verbindet sich das Begehren nach Liebe, die er vermutlich so niemals bekommen wird. Subjekt und Begierde sind auf Linie gebracht in einen nicht aufzulösenden Konflikt. Menschliches Begehren steht tierischen Instinkten gegenüber, die so den Weg zur Liebe und zur Zuneigung zu einem anderen menschlichen Wesen stets versperren werden.

Mal sehen wie es in End Times weitergeht mit diesem Konflikt. Ziel dieser kleinen vierteiligen Artikelserie soll es sein, die drei Alben auf einer Playlist zu vereinen und die Leitmotiv-Songs herauszupicken, die das Album erschließen können.

  1. Hombre Lobo []