Tocotronic - KapitulationWer Tocotronic hört, hat mit dieser Band meistens eine Geschichte. Die gibt es schon so lange, so viele Alben, so viele Songs. Jeder, der Tocotronic hört hat deswegen etwas zu erzählen. Meine Geschichte geht ungefähr so. Es muss in der zehnten Klasse gewesen sein, da gab es einen Typen, der schon Emo war bevor es Emo überhaupt gab. Aber… er hörte kein Emo, sondern Tocotronic und setzte sich mit seiner Gitarre in die Fußgängerzone und brüllte und krächzte Tocotronic-Songs. So die Klassiker, die jeder halbwegs gitarrenspielende Dödel so runterklampfen kann. Mir war die Person mit seinen blonden Haaren und verschrubbelten Image immer suspekt. Und so auch Tocotronic. Mehr habe ich nicht zu erzählen. Klar man kannte die Songs und konnte mit den Gesichtern etwas anfangen. Aber eine Band, die 1993 gegründet wurde und seitdem Musik macht, ist für einen 23 Jährigen einfach zu alt. Auch dieser verschrubbelten Texte stellten für mich keine Identifikationsmöglichkeit dar.

Aber eine gute Band zeichnet sich dadurch aus, dass sie auch jüngere Musikliebhaber in ihren Bann ziehen kann. Und so begann bei mir mit K.O.O.K ein kleine Freundschaft, die sich Album über Album steigerte. Und heute 2007 gibt es ein neues Album: Kapitulation. Und ich muss sagen: „Ich bin begeistert.“. Ein Album, dass für mich so stringent einer Botschaft folgt, die schon im Titel angelegt ist. Kapitulieren. Mit sich selbst, mit anderen: „Dein Wahr ist meine Wahr“. Eine in Text und Tönen gefasste Selbstaufgabe, die zwar konsequent und absolut ist, aber aus einer gewissen Fallhöhe geschieht, die es aus dem Teeny-Sektor hebt. Das Scheitern als Möglichkeit und Ziel des Erfolges. Erfolg, indem inaktiv und still.

Ich denke, man braucht ein bisschen um das Besungene zu verstehen. Und es sind Gedanken, die in irgendeiner Form jeden schon mal auf seinem Rücken trug und nicht abschütteln konnte. Tocotronic zeigen vielleicht einen Weg, um damit zu leben. Vorallem muss man verstehen, dass die Vokabel „Kapitulation“ in unsere Sprache zwar negativ besetzt ist, im Kontext der Platte aber durchaus so nicht verstanden werden kann. Man stellt sich immer wieder die Frage, wovor kapituliert werden soll. Gründe werden nicht angegeben – herausfinden muss der Hörer das schon selbst.

Musikalisch spürt man den Zuwachs von Rick McPhail, der durch imposante Gitarrenverstärkerarbeit einen spannendes und schlagfertiges Gebräu als Basis eines Cocktails für die persönliche Verweigerung schuf. Etwas rockiger würde ich sagen.

Hier noch das nette Video zur zweiten Singleauskopplung „Imitationen“:

urbane Anspieltipps: Imitationen, Kapitulation, Dein geheimer Name

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