Was ist eine Thoska?

„Die Bibliothek wird in wenigen Minuten schließen,“ tönt es aus den Lautsprechern der Thulb. Es ist die letzte Möglichkeit, noch schnell einige Bücher für das Wochenende auszuleihen. Am Ausleihschalter grüßt die Bibliotheksfachkraft mit stoischer Freundlichkeit und nimmt die mitgebrachten Bücher in Empfang. Nachdem die Barcodes eingescannt wurden und „Thoska V. 3.0“ zur Identifikation vorgezeigt wurde, blickt die Bibliothekarin nochmals leicht verwundert auf ihren Bildschirm: „Sie können zwar diese zwei Geschichtsbände bis zum 27. August 2016 ausleihen, aber wozu brauchen sie diese denn? Sie studieren doch gar nicht Geschichte, sondern Ernährungswissenschaften im dritten Semester.“

Seit im Oktober 2006 an der Friedrich-Schiller-Universität die Thoska eingeführt wurde, änderte sich die Verwaltung der Studierenden grundlegend. Es wurde erstmals möglich das Leben der Studenten komplex zu erfassen und regelnd einzugreifen. Zunächst war diese Karte nur als Studentenausweis, Kopier- und Leihkarte, Nahverkehrsticket und als Bezahlmöglichkeit in den Mensen und Cafeterien gedacht.

Im Jahre 2009 wurden dann aber die Bibliotheksdatenbanken mit den Ausleihfristen aller Benutzer und die Datenbanken der Prüfungsämter als auch die des Studentensekretariates zusammengeführt. Somit bot die Thoska erstmals die Möglichkeit der Identifikation bei Prüfungszulassungen und –verfahren, bei Fachrichtungswechseln und Exmatrikulationen. Der klassische Leistungsschein und das Studienbuch hatten ausgedient. Alle Studienleistungen waren auf der Thoska gespeichert. Die Prüfungsämter konnten durch Einlesen der Karte und deren Überprüfung, die Zulassung erteilen oder verweigern.

2011 wurden dann alle studentenrelevanten Institutionen wie die Prüfungsämter, das Studentensekretariat, die Bibliotheksverwaltung und das Studentenwerk in einer zentralen Behörde – der StudierendenServiceZentrale – zusammengefasst. Diese wachte mit Sitz im 23. Stockwerk des Jentower peinlich genau auf die Einhaltung der Studienordnungen.

Ein weiterer großer Schritt war die gleichzeitige Einführung des „Digitalen Lernplans“ (DLP). Jeder Student erhält zu Beginn des Semesters einen eigens führ ihn elektronisch erstellten Stundenplan. Dieser weist die für ihn notwendigen Lehrveranstaltungen zu. Dadurch wurde es der Universität möglich die Kapazitäten besser einzuteilen und das Aufkommen von übervollen Seminaren und Vorlesungen zu unterbinden.

Ebenso entfiel das vorherige und umständliche Zulassungsverfahren zu Prüfungen. Seitdem reicht es als Student einfach zu den vom DLP vorgeschriebenen Prüfungen mit der Thoska anwesend zu sein. Möglich wurde dies durch die Erweiterung der Thoska um die „Radio Frequency Identification“ (RFID) Technologie. Somit konnte die Anwesenheit der Studenten in den Räumen der Universität überprüft werden. Die Notwendigkeit einer Schlüsselkartenfunktion wird derzeit noch geprüft. Die Thoska war ab diesem Zeitpunkt in jeder Vorlesung, in jedem Seminar und zu jeder Prüfung mitzubringen. Die „StudierendenServiceZentrale“ verschickte Verwarnungen, wenn ein Student durch eine zu geringe Anwesenheitsrate auffällig wurde.

Im Jahre 2013 wurde die Thoska um die Ernährungskontrolleinheit (EKE) erweitert. Dieses System überwachte in den Mensen die Nahrungsaufnahme der Studenten und verweigerte bei Nährstoffdefiziten die Ausgabe bestimmter Speisen. Man versuchte damit der schleichenden Gefahr von Übergewicht oder Essstörungen bei Studenten Herr zu werden.

Im Zuge der Einführung von Semestergebühren und Studienkrediten schloss die Universität Jena 2011 mit der Sparkasse Jena eine Partnerschaft, die jedem immatrikulierten Studenten ein Konto zuwies. Über dieses Konto liefen sämtliche Transaktionen, die der Student im Rahmen seiner Universitätslaufbahn ausführt. Das lästige Aufladen der Thoska, um zu kopieren oder in der Mensa zu essen, entfiel. Zusätzlich wurde die Thoska nun auch als EC-Karte eingesetzt, sodass der Student auch in nicht universitären Einrichtungen zahlen konnte und etwaige Studentenrabatte sofort gebucht wurden.

Auch Betrugsversuchen wurde mit der Thoska vorgebeugt. Im Jahre 2016 muss jeder Student vor Prüfungsbeginn seine Klausur beim Dozenten abholen. Dieser scannt die Thoska zunächst ein. Das System prüft anhand der erworbenen Creditpoints automatisch, ob der Student die Prüfung ablegen darf und druckt – bei Zulassung – eine personalisierte Klausur aus. Der Student muss am Platz weder Namen noch Matrikelnummer angeben. Es reicht der Strichcode oben links auf dem Blatt, um dem Dozenten zuzeigen, wer er ist.

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