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Kommunismus und Web 2.0 Teil III/IV

Als letzten Schritt des Webs 2.0 sehe ich die Verlagerung von normalen Office-Anwendungen ins Web an. Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationssoftware, Kalender und To-Do-Listen oder auch Portale um Wissen und Informationen zu tauschen können nun auch im Internet erledigt werden. Das Netz erfindet sich selbst neu. Angefangen hat alles mit gmail von google. Dieser Email-Service erlaubte es seine Nutzern erstmal mit 1 Gigabyte Speicherplatz die Emails komplett online zu verwalten. Die Größe des Speicherplatzes zeigt, dass man nun kein Outlook oder Thunderbird (also ein klassisches Emailprogramm) auf dem Rechner zu installieren braucht, um die Emails auf längere Zeit verwalten zu können. Man erkannte, dass Anwendungen vom Nutzer nicht immer gekauft werden mussten, sondern durchaus auch Online bereitstehen können. Der Nutzer zahlt für eine komplette Officeanwendung derzeit über 550 Euro und nutzt dabei nurwenige des umfangreichen Pakets. Stellt euch mal ehrlich die Frage wie häufig ihr eine Powerpointpräsentation oder andere Funktionen des Paketes genutzt hat, für dass ihr soviel Geld ausgegeben hat.
Was ist also von einen neuen Modelll zu halten, bei dem man nur das bezahlt, was man auch nutzt. Ich hab im Januar nur 3 Dokumente geschrieben. Nur 5 mal Zahlen in meine Datenbank eingegeben, keine Präsentationen erstellt usw. würde sich hier immer noch die Anschaffung eine teuren und Pflege bedürftigen Office-Distribution lohnen? Oder wäre die Möglichkeit schnell online, man zahlt ja den Betrag für das Online sein eh schon, die Dokumente zu erstellen und zu speichern nicht viel lukratives?
Der derzeitige Trend zeigt also, wenn er zu Ende gedacht wird, dass wir bald all unsere Officearbeit online angehen werden. Ich deute hierbei den Kauf von writely.com durch Google als ein bewusstes Zeichen des Suchriesens diese Entwicklunge voranzutreiben. Sicherlich muss dabei erwähnt werden, dass diese Anwendungen noch nicht den Funktionsumfang der klassischen Office-Distribuionen wie Mircosoft Office oder OpenOffice besitzen, jedoch stellt sich mir die Frage, wann umgedacht wird. Und die Menschen ihr Dokumente wirklich online schreiben werden? Und bitte wer braucht schon den riesigen Funktionsumfang eines MS Word um einen Brief zu schreiben? Man zahlt viel zuviel Geld für ungenutzte Dinge. Es wird zwangläufig ein neues Bezahlsystem entstehen. Mehr dazu in Teil IV dieser Artikel. Der Nutzer braucht sie auch keine Sorgen mehr, um das Verwalten und Updaten seiner Software zu machen, da dafür der Anbieter zuständig ist. Es wird also in Zukunft immer mit dem Maximum der Funktionen geschriebe, die ich benötige. Und auch nur dann, wenn ich sie brauche.
Damit sich digitale Netzanwendungen durchsetzen, muss jeder Mensch immer Online sein können. Wie war es bisher? Wenn ich eine Dokument schreiben wollte benötigte ich einen Rechner. Irgendwo. Die Erweiterung der Netzanwendungen schreibt mit vor, dass dieser Rechner mit dem Internet verbunden sein wird. Und ich denke, dass diese Vorraussetzungen bald für fast jeden Rechner geschaffen sind. Durch die Entwicklung mobiler Technologien wie UMTS oder WiMAX im Zusammenhang mit Flatrates könnte in Zukunft jeder, der ein mobiles Endgerät besitzt zu jeder Zeit online gehen. Für Rechner, die nicht mobil sind, falls diese Überhaupt so erhalten bleiben, gehört eine DSL-, Glasfaser-Verbindung oder halt modernere noch schnellere Technologien zur Grundausstattung jeder Wohnung. Der Mensch wird sich seinen Wohnort nach solchen Merkmalen hin aussuchen. Fragen wie: Gibt es hier eine gute Netzabdeckung? Welche Geschwindigkeit genau erhalt man hier im Up- und Downstream? usw. usf.

Somit ist jeder Rechner online und untrennbar mit dem Netz verknüpft. Dies ist die Vorraussetzung für das Fortschreiten der Entwicklung. Aber mal ehrlich, viele der Menschen, die sich Rechner anschaffen, machen dies nur aus dem Grund um ins Internet zu kommen. Computer und Internet sind untrennbar verknüpft. Wenn noch nicht heute, dann aber in den nächsten 5-10 Jahren.
Fassen wir also nochmal zusammen:

Neue Technologien wie RSS und XML schafften eine neue Partizipation im Netz. Der normale Bürger konnte nun den Inhalt selbst bestimmen. Er wurde zum Mittelpunkt des Netzes, welches es bisher eher rudimentär besetzte und sich von großen Medienfirmen bestimmen ließ.

Weblogs, Podcast, Wikis, Photodatenbanken (vgl flickr usw.), Bookmarkservices und Social Musik Services steigern den sozialen Aspekt des Internet, der nun die Information zur Einheit on top erklärt.

Jetzt sind die technologischen Grundlagen gelegt. Doch was hat das alles mit Kommunismus zu tun? Mehr darbüber im letzten Teil.

7 Kommentare

  1. Da deine komplette Argumentation auf den Kosten aufbaut, erinnere ich noch einmal an das kostenlose und vielfältige OpenOffice. Aber ich weiß ja, du glaubst nicht an Open Source.

  2. Noch ein Nachtrag: Du überschätzt in deinem Fortschrittsglauben die Bevölkerungsmehrheit, die gerade maximal einen Internetzugang hat und vielleicht sogar nutzen kann. Du gehörst zu den Early Adopters, aber deshalb werden deine Mutter und deine Oma nicht auch mitmachen. Wenn diese irgendeine der genannten zukünftigen Techniken nutzen oder auch nur wünschen, besteht eine reale Chance für deren Durchsetzung.

  3. Hallo Norbert,

    danke für deinen Kommentar. Deine Open Software wird im letzten Teil des Artikel beackert. Warte es also ab.

    Eins voraus. Ich möchte auf keinen Fall irgendeinen Wahrheitsanspruch und Sicherheit meiner Visionen suggerieren. Es geht mir darum aufzuzeigen, was ist und was noch werden könnte. Und glaube mir eins: Meinen Vater haben sie damals anno 1990 auch gesagt, dass Computertechnologie und BTX (oder gar das Internet) sich nicht durchsetzen werden, weil keiner mitmacht. Wie du siehst, haben sich diese Leute geirrt und so wirst auch du irren. Du hast eines noch nicht verstanden, lieber Norbert: Du hast an dieser Stelle nicht die Wahl, es nicht zu tun. Die Entwicklung wird so wie beschrieben oder ähnlich ablaufen und alle müssen mitmachen.

    Hattest du etwa die Wahl, als du noch Akrützelchefredakteur warst, die Zeitung ohne Computer und aller dazugehörigen Kommunikationstechnologien zu erstellen… wenn du dich ehrlich fragst… nein.

    Und so wie bei der Zeitungserstellung, dem Geldverkehr, der Informationssuche (hab dich lange nicht mehr am Karteikasten in der Bibliothek gesehen) wird der Fortschritt in vielen Bereichen unseres Lebens, vorallem in der Kommunikation, klar in Richtung des Computers weisen.

    In 15 vielleicht 20 Jahren wirst du als normaler Mensch, also nicht der, der ohne Deo in der Einöde lebt, keine andere Chance haben, das Internet zu beherrschen und mit Computer und gehen zu müssen. Es ist Vorraussetzung für Schule, Uni, Beruf und Freizeit geworden. Ob natürlich der gesamte Rattenschwanz des Semantik und Social Webs dranhängt, bleibt im Bereich der Spekulation. Abe glaube mir, du unterschätzt wie stark es dich bereits unterwandert hat, indem du einen Schritt (Klick) ins Internet gesetzt hast.

    Sicherlich die ältere Generation hat derzeit kein großes Interesse daran, aber schon ein Soziologieprofessor muss auch noch mit 60 Jahren den Umgang mit Internet und OPAC erlernen.

    Die Gruppe, die kein Interesse zeigt, wird in den nächsten 20-30 Jahren aussterben. Und dann sind auch wir nicht mehr die Early Adopters, sondern die Verweigerer einen neuen Entwicklung.

    Glaub es oder nicht.

  4. Uuhuuu … Kommunismus und Open Source – ich freu mich schon ! 😀

    Es wird immer Leute geben, welche sich von der Technik lossagen, bzw wenig bis gar nichts mit ihr zu tun haben wollen. Und ich vermute mit zunehmender Komplexität der Technisierung unserer Umwelt werden dies immer mehr. Die Anfänge dieser Entwicklung lassen sich schon in den Bereichen Handy oder Fernseher sehen. Und es wird auch immer eine Nische, also eine Überlebenschance für diese Menschen bestehen, bzw wird niemals eine Überlebensnotwendigkeit von der Technik abhängen.

    Der 2. Punkt den man an deiner Argumentation bemängeln muss, ist der unterstellte Drang der offenlegung aller Informationen eines Menschen. Sicherlich wird der Mensch selbst durch den Computer/Netzwerk näher zusammenrücken, und sicher ist es MÖGLICH Informationen viel schneller und breiter darzulegen. Nicht jeder wird das aber wollen. Damit meine ich zB Netzwerkfestplatten. Diese sind sicher eine tolle Sache, man könnte persönliche Daten ablegen und von überall auf der Welt darauf zugreifen, bzw andere zugreifen lassen. Aber bei weitem werden das nicht alle wollen. Das trifft insebsonders auf das Benutzen von Onlinesoftware zu. Die Skepsis der Menschen wäre viel zu gross als das man zB persönliche Dokumente und Briefe online schreiben würde, schliesslich würden die Daten in diesem Fall irgendwo abgespeichert werden, völlig ohne Kontrolle des einzelnen. Die Softwaremöglichkeiten werden sicher zunehmen, da es eine Fülle von Vorteilen gibt, aber die komplette Umstellung wird meiner Meinung nach nie geschehen, da man für seine Daten (und die darauf arbeitenden Programme) auch eine Art Privatsphäre haben möchte.

    Um nochmal auf den „Generationenkonflikt“ zu kommen. Ich glaube übrigens weniger das sich Alte/Uninteressierte zunehmend zwingen müssen an die Technisierung anzupassen, eher wird sich die Technisierung Stück für Stück an diese Leute anpassen. Stellen sie doch bei Marktsättigung eine lohnenswerte Zielgruppe dar 😉

  5. Open Source und Kommunismus kann ja, soweit ich deine Meinung kennengelernt habe, bloß auf diese hohle Phrase hinauslaufen: „In der Theorie gut, aber in der Praxis sind die Menschen noch nicht bereit dazu.“
    Zu deiner Idee der Überrollung durch die Technik, kann ich nur anmerken, dass ich lediglich skeptisch war. Du allerdings hast mich sogleich in die Ecke der Technikverweigerer gesteckt. Sicherlich werden es einige Innovationen schaffen das Leben der Menschen zu verändern und auch so einzudringen, dass sich die Menschen an die Technik anpassen müssen. Welche das sein werden, ist jetzt noch nicht absehbar. Allerdings hatte ich schon oft von schönen technischen Visionen gehört, die ALLES revolutionieren sollten und dann im Treibsand der Realisierung stecken geblieben sind. Bei Visionen gilt das alte Sprichwort: Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Du unterschätzt auch konsequent die menschlichen Widerstände, es ist nicht so, dass irgendetwas eingeführt wird und dann sich alle daran anpassen müssen. Es gibt wie gesagt immer eine kleine Gruppe, die sich zumeist auch für die erleuchtete Avantgarde hält, die sich solcher Dinge zuerst annimmt. Ob diese Technologie dann aber in den Mainstream diffundiert, hängt von vielen ganz anderen Faktoren ab. Unter anderem auch, für wie nützlich es den Menschen erscheint, ob es eine Sog-Wirkung entwickelt.
    Ich habe aber die Vermutung, wenn ich da mal in üblicher Manier von mir auf andere schließen kann, dass eine gewisse Skepsis bei großen Hypes unter der Normalbevölkerung herrrscht. Ich habe am Wochenende auch wieder eine Frau getroffen, die vom Computer wie von einer Wundermaschine sprach: Als ob man da Stroh reinsteckt und dann kommt unten Gold raus, so klang das. Das ist das andere Extrem. Aber es gibt noch sehr viele Menschen, die sich in der Mitte befinden und die sich auch nicht von den noch so tollen Visionen hinüberziehen lassen. Dazu haben sie schon zu viele Visionen und Hypes erlebt.

  6. @ Jojo

    Das Argument der Datenschützer liegt dir ja wohl noch in den Ohren: Wer nichts zu verbergen hat, kann ja auch alles offen legen. Genauso wie jetzt die Proteste gegen die Vorratsspeicherung der Telefondaten schulterzuckend angenommen wird, wird in einer Gesellschaft der Information die Privatssphäre anders behandelt. Die Frage ist nicht, ob er seine Daten freilegen will, sondern ob es sich dem Entziehen kann.

    Sicherlich erliegen Menschen dem Glauben, dass ihr Informationen und Daten geheim sind, aber jeder Datenschutzexperte kann in wenigen Stunden sehr viel und nun auch persönliches über jeden von uns aufdecken. Glaube mir Jojo, ich kann mit einem einzigen Telefonanruf deine Handynummer ändern. Aber egal. Leider versteht ihr den Artikel (wahrscheinlich zu realistisch geschrieben 🙂 ) nicht als Vision oder Konstrukt, sondern erliegt dem Glauben, dass ich daran glaube, dass es so sein wird. Aber dem ist so nicht. Wie bereits im Kommentar zu Norbert zähle ich nur Dinge auf, die bestehen und die sein könnten.

    Leider fehlt noch der letzte Teil des Artikels, indem die Bedeutung der Information für unser Leben verständlich gemacht wird. Wir müssen uns freilegen, weil das System sonst nicht mehr funktionieren wird. Wir nehmen diesen Nachteil in Kauf (wir lassen also die Skepsis Skepsis sein), um den Vorteil einer solchen Gesellschaft zu nutzen.
    Dein Standpunkt mit der Privatssphäre ist für eine Menschen des 20. Jahrhunderts logisch und die einzige Konseqeunz. Er verstellt dir aber auch den Blick auf das Mögliche.
    Der Mensch wird mit der Technik verwachsen, siehe Handy, siehe Fernsehen. Natürlich gibt es Exoten, die dies nicht mitmachen, aber es gab schon immer Menschen, die dies taten.

    Leider kann ich aus Zeitmangel nicht ausführlicher darüber schreiben, ich bin dafür, dass wir das im April bei einem Bierchen besprechen. 😀
    Dann dürfte ja auch der letzte Teil erschienen sein.

  7. Klingsor: Später… morgen gibt es einen Kommentar dazu, muss jetzt noch hic haec hoc deklinieren 😀

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