Gisbert zu Knyphausen - dto.Das Leben erkennen. Sich selbst erkennen. Ein Ziel, das zwischen all den stumpfen Geschichten irgendwie mitschwingt. Man sucht als Mensch Identifiaktionspotentiale. Jeder. Auch die, die immer behaupten, dass sie das nicht brauchen. Sie lügen. Ich habe in den letzten Monaten zahlreiches Identifikationspotential aus dem Debüt des jungen Gisbert zu Knyphausen, der mit dieser Platte die Platte des Frühjahrs und gar des beginnenden Sommers gemacht hat (und das bei so starker Konkurrenz wie Death Cab For A Cutie, The Kooks, Kettcar, The Notwist etc.). Der wichtige Unterschied bei der Identifiaktionsausschöpfung ist es nun, zu wissen, dass eine Platte so etwas vermag. Es mitbekommen und somit bewusst mitschwimmen in den Texten und Gedanken; natürlich auch den Tönen.

Abwechslungsreich, indieologisch, aber wechslungsreich kommt die Platte daher. Mit unterschiedlicher Instrumentierung, manchmal sehr spärlich: sanfte Gitarrenklänge in „Wer kann sich schon entscheiden?“ bishin zu druckvollem Bandspielv „Erwischt“ zeigt bereits, dass sie Frontmann und Band sich nicht erst entwickeln müssen, sondern bereits auf einem Level angekommen sind, das mutvoll und virtuos den Kontrast von laut und leise, schnell und langsam birgt.

In zahlreichen Rezensionen wird auf die Melancholie der Platte verwiesen. Ich sehe hier keine Melancholie. Die Platte hat einfach Vergangenheit. Da singt und spielt ein Mensch, de in seinem Leben Erfahrungen gemacht hat – Erfahrungen, die sowohl für die ganze Generation, aber auch für jeden Einzelnen sprechen können -, die er anschließend sehr gut vertonen konnte. Somit erscheint der Melancholieanspruch als marginal, denn richtige Traurigkeit will sich nicht einstellen, sondern eher eine Hoffnung heraus aus Dunkelheit und Leiden zu kommen.

Der Einschätzung der Sprachspielern, dass beinahe alles davon, was sich an den Texten auf der Platte versammelt, zitierenswert ist, kann ich nur beiflichten. Es ist ein Sammelsurium von wunderschönen Gedanken, Bildern und Vergleichen, die in der deutschen Musik eher selten sind.

Ich spüre gerade wie diese Rezension schrittweise abkackt und ich dem, was auf dieser Platte passiert nicht gerecht werde, deswegen gibt es dieses mal etwas einmaliges auf urbandesire.de… einen Kaufbefehl.

Anspieltipps: Neues Jahr, Der Blick in deine Augen, Sommernacht, Seltsam durch die Nacht

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