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Die Angst danach

UnsicherIch weiß nicht, ob es nur mir so geht. Ich weiß nicht, ob es mangelndes Selbstvertrauen in das eigene Tun ist. Ich weiß es einfach nicht. Aber immer, wenn ich im Auftrag anderer Fotos mache, steigt nach dem Shoot eine Angst in mir auf. Ich entlade die Bilder von der Karte, kopiere sie auf den Rechner in einen Ordner. Und dann kommt die Angst. Ich kann nicht ran an die Bilder, kann sie mir nicht ansehen. Aus Angst sie sind schlecht. Vielleicht sind entscheidende Bilder unscharf oder verwackelt. Vielleicht ist das ISO-Rauschen zu krass, vielleicht ist das Motiv einfach nicht aufgegangen und es wirkt gestellt, behäbig oder sinnlos. Je schwieriger die Motivverhältnisse. d.h. je weniger ich auf Zeit, Licht und Models Einfluss hatte, desto mehr potenziert sich die Angst.

Dieser Umstand – die Bilder manchmal komplett aus Wahrnehmung und Gedächtnis zu löschen – läuft unweigerlich der Termin für Abgabe und Präsentation der Bilder zu wider. Es gibt irgendwann einen Stichtag, an dem die Bilder fertig betrachtet, sortiert, ausgebessert, zurecht gemacht und verschickt werden müssen. Der Weg dahin ist schwer und in großer Regelmäßigkeit sitze ich dann nachts vor dem Rechner zittere und denke: „Oh Gott… das wird die Enttäuschung des Jahrzehnts, fast so schlimm wie…“ Die Erfahrung müsste mir eigentlich längst gezeigt haben, dass im Durchschnitt betrachtet die Menschen mir ihren Bildern meist zufrieden sind, meine eigenen Ansprüche wohl wesentlich höher liegen. Trotzdem. Es gibt so viele Faktoren, die Bilder zu schlechten, enttäuschenden Bildern machen können; und trotz der Möglichkeit, zahlreiche Regler und Hebel in Bewegung setzen zu können, bleibt ein schlechtes Bild eine schlechtes Bild.

2 Kommentare

  1. Das kenne ich auch. Immer wenn etwas fertig ist und nicht mehr verändert werden kann, kommt die Angst, dass es doch schlecht ist, dass sich alle immer nur getäuscht haben und nun meine wahre Natur zum Vorschein kommt. Eigentlich müsste es aber auch abnehmen, je häufiger du Fotos machst. Praktisch ist außerdem, jemanden zu haben, der dabei war und dir mal über die Schulter schaut und sagt: „Schönes Bild.“
    Die Frage ist immer, was das Urteil anderer Leute ändert. Stell dir vor du bist Maler und zeichnest für dein Leben gern. Nun kommt jemand, nachdem du dein 55. Bild gerade vollendet hast, und sagt dir: „Boah, ist das schlecht. Vielleicht solltest du irgendetwas sinnvolles machen.“ Tja: Was bedeutet das für dich? Das unterscheidet sich natürlich auf den ersten Blick immer danach, wie du denjenigen beurteilst (besser/schlechter/keine Ahnung). Aber eigentlich ist das auch egal, weil es nichts für deine Werke ändert: Sie drücken dich aus, egal was andere sagen oder denken. Der andere fällt doch sein Urteil immer auf ganz unklaren Prämissen: Vielleicht mag der den Stil nicht, vielleicht beneidet er dich, vielleicht ist er scharf auf deine Freundin, etc. Aber grundlegend ist immer, dass er nur eine Aussage über sich macht. Es wird lediglich zu einem Problem, wenn du von der Kunst dann leben willst, dann bist du vital darauf angewiesen, dass die dich toll finden.
    Aber solange das nicht der Fall ist, können deine Auftraggeber deine Bilder Scheiße finden. Als Konsequenz werden sie dann wahrscheinlich nach dieser Erfahrung keine Bilder mehr bei dir in Auftrag geben. So what? Dann fotografierst du halt Gegenstände oder Personen, die die Bilder, die du machst, gut finden – und davon wird es immer genug geben.
    Sorry für das Zuschwallen. Genug theoretisiert. Wenn ich es nur, statt es zu schreiben auch mal selbst umsetzen könnte. Du erinnerst dich vielleicht, ich hatte auch mal einen Blog. Aus just diesen oben genannten Gründen schreibe ich auch nur noch selten.

  2. Ja, im Prinzip hast du recht, wie immer… außer das mit der Freundin. Aber es ist eine selbstgesetzte Stolperfalle, deren Ort man immer wieder vergisst. Und jedes Mal beginnt die Qual von Neuem. Selbstvertrauen, daran hapert es und der unbedingte Wille es beim nächsten Mal besser zu machen. Gleichzeitig inbegriffen beim nächsten Mal auch der Kritik erhärtend gegenüberzustehen. Aber hey wir lernen noch.

    Übrigens. Zeitweise war ich von deinem Blog so geplättet – Gedanken und Ausführung – das ich mich nicht getraut habe, dazu etwas zu kommentieren. Und nicht nur mir ging es so. Auch Baytor war von dem, was du da aus der Hand geschüttelt, in eine Kommentierunfähigkeit gestürzt worden. Was macht eigentlich Baytor? 😀

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